Düsseldorf "Kultur-Aktien" für den Kunstpalast?

Düsseldorf · Der ehemalige Kulturdezernent Grosse-Brockhoff schlägt vor, dass Bürger einen Anteil am städtischen Kunstmuseum erwerben - und will so den Gründergeist des 19. Jahrhunderts wiederbeleben. Der Museumsdirektor ist skeptisch.

 Eine Besucherin blickt auf ein Bild der aktuellen Ausstellung „Jean Tinguely. Super Meta Maxi“. Die künftige Finanzierung des Kunstpalasts ist unklar.

Eine Besucherin blickt auf ein Bild der aktuellen Ausstellung „Jean Tinguely. Super Meta Maxi“. Die künftige Finanzierung des Kunstpalasts ist unklar.

Foto: Federico Gambarini/dpa

In der Debatte um die Zukunft des Museums Kunstpalast meldet sich jetzt Ex-Kulturdezernent Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff zu Wort - und regt eine in Düsseldorf neuartige Form der Finanzierung an. Er schlägt vor, dass wohlhabende Bürger einen Großteil der Kosten des Museums übernehmen. Seine Idee: Das Museum verkauft "Kultur-Aktien", durch die sich unverzinste Anteile erwerben lassen. Die Bürger könnten und sollten dafür mitreden, wie sich das größte städtische Museum für Bildende Kunst entwickelt. "Wir müssen einen Gründergeist wie um 1870 wiederbeleben", meint Grosse-Brockhoff. "Das Düsseldorfer Schauspielhaus ist einst auch von fünf Industriellen gegründet worden."

Grosse-Brockhoff hatte einst die Partnerschaft mit dem Energiekonzern Eon eingestielt, die dem Museum über Jahre hohe zusätzliche Einnahmen beschert hat - die aber zum Ende des kommenden Jahres auf Geheiß des kriselnden Unternehmens ausläuft. Deshalb klafft nun eine Lücke von 750.000 Euro pro Jahr in der Finanzierung. Dass ein anderes Unternehmen für Eon einspringt - wie man im Rathaus hofft - glaubt Grosse-Brockhoff nicht, der zuletzt bis 2010 als Kulturstaatssekretär tätig war und als "Schatten-Kulturminister" in NRW galt. "Ich glaube nicht mehr an das Wirtschaftssponsoring, das es in meiner Zeit gab", sagt Grosse-Brockhoff. Allerdings existierten unter anderem durch Vererbung so hohe Vermögen wie selten in der Bürgerschaft. Darin sieht Grosse-Brockhoff neue Chance zu Deals für die Kultur. "Es gibt viele potenzielle Mäzene, aber wir haben uns daran gewöhnt, dass der Staat sich um alles kümmert", meint Grosse-Brockhoff. Was ihm aber wichtig ist: Die Stadt sollte mindestens 51 Prozent der Anteile behalten - und im Engagement der Bürger keinen Anlass zum Sparen finden. "Die Stadt muss mindestens das geben, was sie vorher auch gegeben hat."

Beim Museumschef stößt der Vorschlag allerdings nicht auf Begeisterung. "Ich glaube nicht, dass die Kultur-Aktie eine tragfähige Idee ist", sagt Beat Wismer, der künstlerische Direktor des Kunstpalastes. Man werbe bereits durch den Freundeskreis um Unterstützung aus der Bürgerschaft, sagt Wismer. Aber das Geld der Bürger müsse für Außergewöhnliches da sein, nicht für den Betrieb. "Die Bürger wollen eine El-Greco-Ausstellung oder einen Ankauf eines Gerhard-Richter-Werks ermöglichen und nicht für die Heizkosten aufkommen." Für Wismer ist klar, dass die Stadt sich zu dem Museum bekennen muss, auch wenn sie mehr als derzeit 7,2 Millionen Euro im Jahr geben müsste. "Die Stadt steht in einer Verpflichtung, sich ihr Kunstmuseum zu leisten", findet Wismer. Zumal die Bürger durch ihre Steuern schon ihre "Kultur-Aktien" erworben hätten.

Das Museum im Ehrenhof steht vor ungewissen Zeiten: Wismer wird im September 2017 in den Ruhestand gehen. Schon länger soll ein Nachfolger gefunden werden, allerdings ist weiter unklar, was ihn oder sie erwarten wird. Nicht nur, dass die finanzielle Situation ohne den Hauptsponsor wackelig ist; der Kunstpalast hat bereits ein hartes Sparprogramm hinter sich, weitere Kürzungen würden das Haus schwer treffen. Im Rathaus gibt es zudem Bestrebungen, die Kulturlandschaft neu zu ordnen, was auch das Profil dieses Museums verändern könnte. Noch ungelöst ist auch das Dach-Problem: Wegen Mängeln bei einer Sanierung bildet sich Kondenswasser im Sammlungsflügel, er ist teilweise nicht zu nutzen.

(arl)
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