Düsseldorf Auf der Suche nach einem Autor

Düsseldorf · Ralf Bauer und Dominique Siassia zaubern ein wunderbares "Lächeln der Frauen" auf die Bühne.

Unter den roten Laken ihres Bettes räkelt sich die reizende Aurélie. Verzückt presst sie ein Buch an sich, das sie gerade von Liebeskummer und Weltschmerz kuriert hat: "Das Lächeln der Frauen". Darin schildert der englische Autor Robert Miller ein schnuckeliges Pariser Lokal mit rot karierten Tischdecken und erzählt mit blumigen Worten, wie dessen hübsche Wirtin Sophie ihn bezaubert hat. Sofort weiß Aurélie, dass ihr eigenes Restaurant mit dem poetischen Namen "Le temps des cerises" beschrieben wird, "Die Zeit der Kirschen". Und sie spürt: "Diese Sophie, das bin ich!" Den Mann, der ihr Herz derart berührte, will sie unbedingt kennenlernen.

Es wird, wie bei der Premiere im "Theater an der Kö" zu erleben ist, ein Weg voller Hürden, Hoffnungen und Enttäuschungen. Denn die rosafarbene Welt der Aurélie Bredin hat eine schattige Gegenseite. Die zweite Bühnenhälfte wird besetzt von dem französischen Lektor André Chabanais, der ihr bei der Suche nach dem Autor helfen könnte. Was er aber partout verhindern will, weil er sonst bekennen müsste: Robert Miller existiert gar nicht. Er selber hat den Bestseller geschrieben und sich mit einem Pseudonym getarnt.

"Das Lächeln der Frauen" war ursprünglich nicht für die Bühne erdacht worden. 2012 brachte ein gewisser Nicolas Barreau das gleichnamige Buch heraus, das sich prächtig verkaufte. 2014 wurde der romantische Stoff fürs ZDF-"Herzkino" verfilmt. Und nun die Pikanterie: So wenig wie den Schriftsteller Robert Miller im Roman gibt es den Autor Nicolas Barreau. Auch wenn der Piper-Verlag ihm eine fiktive Biografie verpasste und dazu einen jungen Mann mit Lockenkopf abbildet: 1980 in Paris geboren, Studium der Romanistik und Geschichte an der Sorbonne etc. In Wahrheit steckt wohl die gebürtige Düsseldorferin Daniela Thiele dahinter, eine Münchner Verlegerin, die unter mehreren Pseudonymen erfolgreiche Bücher veröffentlichte. Gleichwohl wird im Programmheft zum Stück ein Interview mit Nicolas Barreau abgedruckt. Und so schließt sich der Kreis zum Versteckspiel in "Das Lächeln der Frauen".

Gunnar Dreßler schrieb die Bühnenfassung - und der ist echt. So echt wie die Begeisterung des Schauspielers Ralf Bauer, der damit das perfekte Stück gefunden hatte, sich gleichzeitig auch als Regisseur zu betätigen. Mit seiner Partnerin Dominique Siassia gastierte er schon über 100 Mal in anderen Theatern. Ein geschmeidig eingespieltes Duo, das bald vergessen macht, wie eng sich die Handlung im ersten Teil am Buch orientiert. Bei nur zwei Personen bedeutet das: Aurélie und André halten jeder für sich Häppchen-Monologe, häufig wird auf- und abgeblendet. Es gibt anfangs nur wenig szenische Interaktionen.

Auf diese etwas statische Spielweise muss man sich einlassen, weil sie die Gepflogenheiten des Boulevardtheaters nicht bedient. Und wenn die frustrierte Aurélie sich mit Alkohol zudröhnt, mit schwerer Zunge nach allen Robert Millers der Welt googelt und später einen Kater in den Knochen hat, ist das eine Spur zu dick aufgetragen. Mehr gibt's nicht zu bemängeln.

Die charmante Dominique Siassia schmeichelt sich mit warmer Stimme ein. Man muss sie einfach mögen, wenn sie unbeirrt daran glaubt, ihren Helden aufzuspüren und ihn zu einem Rendezvous zu bewegen. Ralf Bauer spielt den etwas ungelenken Lügner wider Willen mit Witz und Temperament. Längst hat er sich in die Schöne verliebt und macht ihr Komplimente: "Wäre ich Robert Miller, ich würde mich als einen Glückspilz bezeichnen." Als er schließlich mit der Wahrheit herausrückt, folgt ein böses Erwachsen. Aber wir sind ja in einer Komödie, allzu sehr fürchten muss man sich nicht. Es gibt starke Momente, etwa Bauers herrlich komische Tanzeinlagen mit seiner Herzensdame. Oder Siassias Fähigkeit zu großen Emotionen. Hübsch sind auch die stimmungsvoll platzierten französischen Chansons, die dem Abend einen zusätzlichen Esprit verleihen. Stürmischer Beifall für die überzeugende Leistung.

(RP)
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