Düsseldorf Besitzer lassen ihre Hauswand bemalen

Düsseldorf · Premiere für das "40°C Urban Art Festvial". Düsseldorf ist erstmals zwei Wochen lang die große Bühne für lokale und internationale Streetart-Künstler. Klaus Klinger vom Verein Farbfieber ist einer der Initiatoren.

 Klaus Klinger ist in Essen geboren und kam nach Tätigkeiten als Steinmetz und Schlosser 1971 an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er unter Gerhard Richter studierte. 1987 hat er den Verein Farbfieber gegründet und sich seitdem als Wandmaler in der Szene einen Namen gemacht.

Klaus Klinger ist in Essen geboren und kam nach Tätigkeiten als Steinmetz und Schlosser 1971 an die Düsseldorfer Kunstakademie, wo er unter Gerhard Richter studierte. 1987 hat er den Verein Farbfieber gegründet und sich seitdem als Wandmaler in der Szene einen Namen gemacht.

Foto: Andreas bretz

Rechts von der Toreinfahrt geht's zum asiatischen Supermarkt, links davon parken die Einsatzwagen der Johanniter. Das bunte Schild "Farbfieber" an der Hauswand weist den Weg in den Innenhof, wo auf die Mauer gemalte Affen hocken und ein weißes jahrzehntealtes Moped, Modell "Schwalbe", vor der weit offenen Atelier-Tür am Fürstenwall steht. Dort lebt und arbeitet Klaus Klinger seit mehr als 30 Jahren.

Der ehemalige Kunstakademieschüler von Gerhard Richter und heutige Chef des Vereins Farbfieber hat sich einen Namen als Sprayer, als Wandmaler im öffentlichen Raum gemacht. Und seit den Anfängen verfolgt er ein Ziel: die Anerkennung von Streetart als Kunstform. "Diese urbane Kunstform von heute ist weit mehr als Graffiti, wie man es von früher kennt", sagt der 59-Jährige.

Vor ihm liegen all die Flyer und Programmhefte für das erste Streetart-Festival "40°C Urban Art Festival" im September, das er initiiert hat. Zusammen mit Klaus Rosskothen von der Galerie Pretty Portal, dem Verein Düsseldorfer Künstler und dem Kinderclub Kiefernstraße bringt Klinger das zweiwöchige, vom Kulturamt auch finanziell unterstützte Spektakel in die Stadt.

An ausgewählten öffentlichen Adressen im gesamten Stadtgebiet von Rath bis Benrath wird zeitgenössische Kunst aus den Bereichen Streetart, Video, Installation, Theater und Musik, Urban Knitting und Guerilla-Gardening präsentiert. Zu den Projekten, die das Festival auf die Beine stellt, gehört beispielsweise eine Rundfahrt zu den Kunstprojekten, aber auch ein Sprayer-Workshop für die Generation 50plus.

Die "40°" im Veranstaltungs-Titel spielen dabei auf die 40 000er-Postleitzahl von Düsseldorf an und "natürlich auf Fieber und heiße Zeiten", so Klinger.

Die ersten Wände und Mauern stehen für die Aktion bereit. Hausbesitzer beispielsweise an der Ludenberger Straße, der Blücherstraße und der Ellerstraße lassen ihre Häuser von Künstlern wie "Sam3" aus Spanien, "Remed" (Frankreich), der Chilenin Paulina Quintana Jornet, Fin Dac aus Irland, den Majo Brothers aus Düsseldorf, BTOY aus Barcelona — eine der wenigen Frauen, die sich in der Streetart-Szene einen Namen gemacht haben — und natürlich von Klinger selbst gestalten. Manche fertigen auf dem Beton oder Putz Bilder aus Papier, die aufgeklebt werden, andere sprühen mit Folien.

Klaus Klinger wird entsprechend der aktuellen Nachrichtenlage den "gläsernen, total überwachten Menschen" auf seinem mit dem Pinsel gemalten Wandbild thematisieren. "Für mich sind Kunst und Gesellschaft untrennbar verbunden", betont er, "der Künstler hat sich einzumischen, und die Bilder im öffentlichen Raum sollen Diskussionsstoff liefern."

Seine erste Arbeit — damals während seines Studiums — zierte ein Haus an der Grafenberger Allee. Wo heute der Sitz der Arbeitsagentur ist, standen einst besetzte Häuser. Mittlerweile finden sich 45 Farbfieber-Bilder an Düsseldorfer Hauswänden. Die bekanntesten sind wohl "Auge" und "Ohr" am Hellweg und der bis auf ein Haus komplett bemalte Straßenzug an der Kiefernstraße. "Die Zeiten haben sich geändert. Früher wurden Frauen und Kinder davor gewarnt, sich in dieser Gegend auch nur aufzuhalten. Heute laufen dort regelmäßig Touristenführungen."

Nicht geändert hat sich Klingers Ansicht nach das mangelnde Interesse der Stadt an Streetart. In New York, Paris oder Tokio gab es längst große Ausstellungen. Hier werde das Potenzial des Ganzen nicht erkannt. Städtische Flächen werden vielmehr grundsätzlich nicht für Graffiti freigegeben. Dabei ist Urban Art international seit Jahren hoch geschätzt. Schauspieler und Kunstsammler Brad Pitt etwa kaufte Bilder von einem der berühmtesten der Zunft, von "Banksy".

(RP)
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