Düsseldorf Buchautorin mit 17

Düsseldorf · Luzie Schwieder hat einen Traum: Die Schülerin möchte einen Roman schreiben. Angefangen hat sie schon.

Düsseldorf: Buchautorin mit 17
Foto: Andreas Endermann

Sie ist jetzt schon bei 140. Sie hat das neulich nachgezählt. Luzie Schwieder hat jetzt 140 Seiten, DIN A5 - das Taschenbuch-Format, aus dem die Träume sind. Man kann aus dem Bücherregal nehmen, was man will, den Zauberberg, Marcel Proust oder Alice im Wunderland, gibt's alles auf A5. Und jetzt kommt Luzie Schwieder. Sie hat 140 Seiten.

Oder anders: Luzie Schwieder ist dem Ziel schon 140 Seiten näher. Nur ist das Ziel noch nicht in Sicht, bislang ist da nur Weg. Das Ziel ist es, die Sache fertigzubringen, einen Roman zu schreiben. Das machen, wovon so viele träumen, die gern lesen und noch lieber schreiben. Luzie Schwieder ist eine von denen. Sie steht stellvertretend für den Wunsch nach einem eigenen Buch, nach einer eigenen Welt, die man geschaffen hat.

Viele denken dabei wohl auch an den großen Wurf. Aber die meisten kommen dann nicht über den Buchtitel hinaus, über ein oder zwei Sätze oder Seiten. So ging es auch Autorin Schwieder, 20 Seiten maximal schaffte sie, dann brach sie ab, erzählt sie. Bis vor ziemlich genau zwei Jahren dann der Knoten platzte, als sie einfach weiterschrieb und weiterschrieb und weiterschrieb. Jetzt: 140. "Und da kommt noch ordentlich was hinzu", sagt sie.

Luzie Schwieder ist erst 17 Jahre, sie kommt aus Lichtenbroich, und sie ist nach der Schule Buchautorin. Und in den Ferien noch ein bisschen mehr, weil da mehr Zeit bleibt. "In den vergangenen Wochen habe ich viel geschafft", sagt Schwieder, die aufs Gymnasium geht und im kommenden Schuljahr ihren Abschluss macht. "Ich habe jetzt mein Abi-Jahr", sagt sie, "ich weiß noch nicht, wie ich das machen soll." Sie meint, wie sie nebenbei weiterschreiben soll.

Aber sie wird schreiben, sie hat einen Plan, keinen für die Zeit, bis sie fertig werden möchte, aber einen für die Story, die übrigens eine Entwicklungsgeschichte ist. Sie handelt von einem Mädchen, das mit den Eltern in Streit gerät, abhaut und schließlich vor der Frage steht, wie es weitergehen soll. Zurück zu den Alten, oder schafft sie's allein? Der Stoff setze sich mit der Frage auseinander, "wie komplexe Beziehungen funktionieren", sagt Schwieder. Eine jugendliche Figur zu wählen, habe sich angeboten. Ihr fühlt sich die Autorin näher.

Darum muss man jetzt fragen: Ist irgendetwas daran autobiografisch? "Lasse ich offen", sagt Schwieder. Und warum heißt ihre Hauptfigur "Michelle Oskar", hat das was zu bedeuten? "Verrate ich nicht", sagt die Autorin höflich, aber bestimmt.

Sie ist eine, die so einen Satz abzuwägen scheint, bevor sie ihn ausspricht. Sie schaut dann geradeaus und denkt. Der Fotograf kommt, er will ein Porträt von ihr machen und sagt, sie solle sich mal dort an ein Tor lehnen, bitte schön bequem. Bis dahin stand sie ganz locker rum, aber was jetzt? Sie versucht's.

Einen Verlag hat sie noch nicht, erst einmal fertig werden. Sie habe nie darüber nachgedacht, ein Buch zu veröffentlichen, sagt sie. Aber wenn's klappt, wäre das schön. Sie möchte schon gelesen werden.

Neulich hat sie an einem Abend mit Bachmannpreis-Leser Selim Özdogan ihr Romanfragment vorgestellt. Sie hat beim Bücherbummel gelesen. Eines ihrer Werke konnte man am Literaturautomaten ziehen - ein umgebauter Zigarettenautomat, an dem es statt Kippen Literatur in Schachteln gibt. Ihr Text hieß "Rieke", und "Rieke tanzte auf der Mauer" - so beginnt er. Irgendwann kracht die Mauer ein, Rieke ist fort, und es kann sein, dass sie nie da war. Es ist ein Text mit Rhythmus, über den sich nachdenken lässt. An Literatur gefalle ihr, dass man sie beim Lesen erarbeite, sagt die Autorin. "Für jeden kommt etwas anderes raus." Dass man einfach nur Worte habe, aber die eine unglaubliche Kraft hätten. "Das ist so gut." Wer mit Leuten aus der Düsseldorfer Literaturszene spricht, hört, dass man diese Luzie Schwieder im Auge behalten soll. "Von der wird man noch viel hören", sagt Pamela Granderath, die die hiesigen Poetry Slams moderiert und eine Schreibwerkstatt leitet. Jeder kann dort vorbeikommen, auch Luzie Schwieder ging hin, als sie nicht weiterkam und wusste, dass sie Rückmeldung braucht. Seitdem war sie fast immer da. Sie schreibt dann weiter, wenn sie Zeit hat. Es gibt kein Ritual, nicht wie bei manchen alten Meistern, Gerhart Hauptmann etwa, der erstmal rund um Hiddensee lief, bevor er loslegte. Am liebsten schreibe sie in der Nacht, sagt Schwieder. "Ist aber blöd, wenn man am nächsten Tag zur Schule muss."

(kl)
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