Düsseldorf Das ist die Mutti von der Kö

Düsseldorf · Kopf gerade, Rücken rund, Hände zur Raute: Die Kölnerin Nina Vorbrodt spielt im Theater an der Kö die Kanzlerin. Und hat über die Rolle auch Angela Merkel liebgewonnen.

Die Bitte von René Heinersdorff brachte Nina Vorbrodt eine schlaflose Nacht ein: "Liebchen, machst du mir die Merkel?" Damit hatte der Theaterleiter die Kölner Komödiantin kalt erwischt. "Erstmal musste ich schlucken, schließlich bin ich keine geniale Parodistin", sagt sie. Doch darauf kam es dem Regisseur bei seiner Inszenierung der Polit-Satire "Mutti" auch gar nicht an. Zwei Stunden mit heruntergezogenen Mundwinkeln und Merkel-Raute seien gar zu langweilig, befand er. Für die Besetzung der Politiker, die in der Groteske von Juli Zeh und Charlotte Roos vorkommen, suchte er bestimmte Typen. Und Nina Vorbrodt war genau die Angela, die ihm vorschwebte. Ihr traute er den Part der pragmatisch-nüchternen Regierungschefin zu.

Sie nahm die Herausforderung an. "So eine Rolle kriegt man ja nicht alle Tage geboten", sagt sie. Inzwischen liegt die Premiere im "Theater an der Kö" eine Woche zurück. Jeden Abend verwandelt sich die dunkelhaarige Schauspielerin mit blonder Perücke und Blazer in die Kanzlerin. "Ganz wichtig sind mir meine Merkel-Schuhe", sagt sie und hebt die Füße. "Dafür war ich ewig lange shoppen." Kurz vor der Vorstellung streift sie ihre bunten Sneakers ab und schlüpft in die flachen schwarzen Treter. Sofort verändert sich ihr Gang. Und schon rückt Nina Vorbrodt der sattsam bekannten Frau, die sie verkörpert, wieder ein Stück näher. Wie hat sie sich anfangs auf ihre Rolle vorbereitet? "Ich zog mir Videos ohne Ende rein, damit ich ihre Gesten genau studieren konnte", erzählt sie. "Es ist nicht nur ihre typische Raute, es ist die gesamte Körperhaltung, die ich mir aneignen musste. Runder Rücken, Schultern nach vorn, Kopf gerade. Beim Reden schiebt sie ihn oft nach vorn, wie eine pickende Taube." Bei der biografischen Recherche sei ihr die Kanzlerin durchaus sympathischer geworden, konzediert die Schauspielerin. "Angela Merkel war eine Intelligenzbestie, schon in der Schule. Und ich kann inzwischen auch gut verstehen, warum sie die Freiheit in Europa so leidenschaftlich verteidigt. Wobei ich ganz stark betonen möchte, dass ich nicht mit ihrer Politik übereinstimme." Wohl aber bewundert sie die verblüffende Wandlung der jungen Frau aus dem Osten auf ihrem Weg zur Macht. "Was für ein riesiger Schritt! Nicht nur optisch, auch stimmlich, sie spricht heute viel tiefer als früher. Mir gefällt, dass Angela Merkel ganz und gar uneitel geblieben ist."

Mit ihren Schauspieler-Kollegen Dorkas Kiefer (Ursula von der Leyen), Gerhard Fehn (Sigmar Gabriel), Frank Büssing (Horst Seehofer) und Claus Thull-Emden als Therapeut seien schon die Proben ein großer Spaß gewesen, sagt Nina Vorbrodt. "Wir sind zu einem tollen Team zusammengewachsen. Jeder gönnt dem anderen seine Gags oder hat sie ihm sogar vorgeschlagen. So etwas Nettes habe ich vorher nie erlebt." Nicht immer hielt sich das Ensemble an den vorgegebenen Text: "Vieles entwickelte sich dynamisch wie von selbst, weil Regisseur Heinersdorff dem Ensemble größte gestalterische Freiheiten einräumte und für Ideen immer offen war."

Nina Vorbrodt, Mutter einer 14-jährigen Tochter, wurde im Fernsehen durch die "Lindenstraße" bekannt. 2003 landete sie durch die Kultserie "Sechserpack", die bei Sat1 wie in einer Endlosschleife wiederholt wird, im Comedy-Fach. Ganz glücklich ist sie darüber nicht, trotz des nachhaltigen Erfolgs. Schließlich hat sie eine klassische Schauspiel-Ausbildung. "Einmal Ulknudel, immer Ulknudel", sagt sie und sucht daher immer neue Herausforderungen. Dazu gehört die Gründung eines Kinder- und Jugendtheaters in Köln und auch das "Mutti"-Gastspiel in Düsseldorf. Allerdings hat sie von den in der Sketch-Comedy geforderten blitzschnellen Rollenwechseln dauerhaft profitiert. "Wir hatten damals geniale Maskenbildner und wurden in Sekunden komplett umgemodelt. An einem einzigen Tag war ich Schlampe, Hausfrau, Sekretärin, Richterin und Prostituierte. Das prägt. Sobald ich ein Kostüm anhabe, bin ich das auch."

(RP)
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