Düsseldorf Das ist mal wirklich ein Popsong!

Düsseldorf · Die Villagers wagen sich im Zakk an "Wichita Lineman" - und gewinnen.

Die Einsamkeit des Leitungsmonteurs draußen in der amerikanischen Provinz. Das Singen des Windes und der Spannung im Telefondraht. Die Ahnung einer womöglich unglücklichen Liebesgeschichte. Der Song "Wichita Lineman", der von diesen Dingen handelt, wurde 1968 von Jimmy Webb geschrieben und vom Countrysänger Glen Campbell kongenial interpretiert. Er wurde zum Hit, der die Zeiten überdauert. Der Musikjournalist Stuart Maconie nennt ihn den besten Popsong, der jemals komponiert wurde. An so ein Ding muss man sich erstmal heranwagen. Die irischen Villagers haben es bei ihrem großartigen Auftritt im Zakk gewagt - und gewonnen.

Wie alle großen Popsong klingt "Wichita Lineman" leicht, als könnte ihn jeder Depp am Lagerfeuer singen. Doch ohne Feinheiten wie einen Tonart-Wechsel und eine überdurchschnittliche Stimme ist er nichts. Vor der Coverversion von Conor J. O'Brien, dem Sänger und Songwriter der Villagers und einem der in Irland derzeit berühmtesten Künstlern überhaupt, muss man sich verneigen: Mit neuer, überwiegend akustischer Bandbesetzung atmet er die Seele des Songs. Ein Kontrabass leitet ihn ein, ein schlichtes Klaviermotiv gesellt sich dazu, dann sanfte Gitarren-Akkorde - wie zufällig geschlagen. Und eine Stimme, die geschmeidig ist und gelenkig, die Tiefe hat und am Hals kratzen kann und in die höchsten Höhen des Falsetts steigen.

Auch das eigene Repertoire interpretiert O'Brien mit der neuen Besetzung anders. Die elektronischen Sounds und Flächen, die auf dem Album "Awayland" noch großen Platz einnahmen, braucht er kaum noch. Songs wie "Nothing Arrived" oder "The Waves" wachsen aus sich selbst heraus. Schlagzeug und Kontrabass sorgen für Druck, Harfe und Trompete für pointierte Akzente - und darüber schwebt immer diese unglaublich intonationssichere Stimme O'Briens, von der man hoffentlich auch hierzulande noch viel hören wird.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort