Düsseldorf Das Publikum muss mitspielen

Düsseldorf · Beim FFT-Spielzeitauftakt zeigt das Kollektiv Machina Ex ein interaktives Stück über Datenlecks und einen "Dexit".

Wir leben in der nahen Zukunft, im Jahr 2021, und an der Spitze steht immer noch eine Kanzlerin, allerdings eine von den Rechtspopulisten. Sie möchte über den Verbleib Deutschlands in der Europäischen Union abstimmen lassen, über den "Dexit", doch kurz vor der Wahl geraten brisante Daten, die alles kippen könnten, in die Hände Dritter. Die sind nun am Drücker.

Das ist "Lessons of Leaking", eine Produktion des Medientheaterkollektivs Machina Ex, das ab morgen im FFT zur Aufführung kommt. Viel mehr lässt sich über das Stück, mit dem das Forum Freies Theater zugleich seine Spielzeit eröffnet, noch gar nicht sagen, denn es ist so: Wer zu einer der Vorstellungen kommt, wird involviert, also Teil des Geschehens, und wie sich das im Einzelnen entwickelt, hängt auch von den Besuchern ab.

Interaktives Theater nennt sich das, Machina Ex spielen seit der Gründung des Kollektivs im Jahr 2010 mit dem Publikum. Die vierte Wand, also die unsichtbare Trennung zwischen Bühne und Zuschauerraum wird eingerissen, zumindest teilweise. So gibt es immer noch Schauspieler, die sich zeitweise in Szene setzen, in denen die Zuschauer ebensolche bleiben. Allerdings ist für "Lessons of Leaking" die Distanz zwischen den Akteuren aufgehoben. Die Besucher bewegen sich jederzeit mitten in den Kulissen.

Dafür wird im "Juta", dem Jugendtheater des FFTs an der Kasernenstraße, seit gestern gehämmert, geschraubt und getüftelt. Denn die Theatermacher begreifen ihre Produktionen an der Schnittstelle zwischen Schau- und Computerspiel - der Zuschauer soll zum Mitspieler werden, sich im Szenario bewegen wie ein Avatar. Damit das gelingt, müssen die technischen Voraussetzungen erfüllt sein. Das Telefon etwa, das sie in die Kulisse stellen werden, darf keine Attrappe sein. Es muss tatsächlich auf die Eingaben des Publikums reagieren, erklärt Mathias Prinz von Machina Ex. Es muss entsprechend programmiert werden.

"Lessons of Leaking" entstand vor dem "Brexit", dem britischen Votum für den EU-Austritt. "Wir waren uns bewusst, dass uns das Thema einholen kann", sagt Prinz. Die Möglichkeit, dass es tatsächlich zum Brexit kommen könnte, habe man in der Zeit der Stückentwicklung allerdings "nicht ganz ernstgenommen". Damals kochte die Debatte um Europa. "Heute köchelt sie ja immer noch", sagt Prinz. Das eine große Thema verweben Machina Ex mit einem anderen, den Spionageskandalen und der Frage, wie mit Daten umgegangen wird, den eigenen und fremden. Im FFT wird das Publikum auch darüber entscheiden müssen. Moralische Dilemmata nicht ausgeschlossen, sagt Prinz. Dafür sei das interaktive Theater wie geschaffen. "Man kann sich dazu verhalten und auch der Souverän über das Spiel werden."

Info "Lessons of Leaking" - Vorstellungen von Freitag bis Montag, 17, 19 und 21 Uhr, Dienstag, 17 und 19 Uhr, FFT Juta. Am Samstag, 19 Uhr, gibt es dort auch einen Vortrag zum Thema "Whistleblowing".

(kl)
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