55 Dinge, die nur 30 Minuten von Düsseldorf entfernt sind Das unterirdische Neuss entdecken

Düsseldorf · Ein Netz von Gewölben durchzieht das Quirinusviertel. Der Keller im Antiquariat von Cornelia und Erich Storch gehört dazu.

 Schaurig-spannend ist es im Gewölbe des Hauses, das so viel Geschichte birgt.

Schaurig-spannend ist es im Gewölbe des Hauses, das so viel Geschichte birgt.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Der Ort ist geheimnisvoll: tief unter der Erde befindet sich ein mit alten Feldbrandziegeln gemauertes Gewölbe. Darüber erhebt sich ein Haus, dessen drei Etagen angefüllt sind mit Büchern und Bildern. Die Rede ist von dem Buch- und Kunstantiquariat Storch, unter der Nummer 7 gelegen in Neuss an der Quirinusstraße. Die wiederum ist benannt nach dem legendären Neusser Stadtpatron, dessen Reliquien sich in der benachbarten großen Basilika, dem Quirinus-Münster, befinden.

Vor 16 Jahren erwarb der Buchhändler Erich Storch, ein gebürtiger Neusser, das total heruntergekommene Anwesen. 28 Personen lebten in dem schmalen Haus, mehr schlecht als recht. Vier Jahre dauerte der Umbau, besser noch: Rückbau. In seiner Ehefrau Cornelia, einer längst zur Rheinländerin beziehungsweise Neusserin bekehrten Westfälin, fand Erich Storch eine ideale Partnerin für seine Vorstellungen. Heute ist das 200 Jahre alte Bürgerhaus ein Schmuckstück - mit einem gut erhaltenen 400 Jahre alten Gewölbekeller.

Die meisten Überraschungen hielt der Keller bereit. Befreit von eingebauten Lattengerüsten und Stellagen, bot sich der stimmungsvolle Raum mit den seit dem Mittelalter üblichen kleinen Wandnischen und einem 8,50 Meter tiefen Brunnen als erlebbare Geschichte dar. Dort hüteten Klosterfrauen ihre Weinvorräte, dort fanden Menschen Schutz vor Bomben im Zweiten Weltkrieg. So manches konnte noch aus dem Brunnen geborgen werden, doch noch weiter reichende Grabungen verboten sich, um die daran Beteiligten nicht in Gefahr zu bringen. Noch immer führt der Brunnen Wasser, wenn der Rhein sich mehr als üblich füllt.

Gefunden wurde in dem überraschend großen Keller - durch die Neusser Stadtarchäologin Sabine Sauer - auch ein originaler Fußbodenbelag aus Rheinkieseln. Trotz -oder gerade wegen - eines Luftschutzeinbaus überstand er "in situ", am ursprünglichen Ort, die Zeiten. Kieselböden waren im Gebiet des mittleren Niederrheins nicht unüblich. In Neuss ist er einmalig. Wesentlich jünger, aber nicht weniger attraktiv, ist der freigelegte schwarz-weiße Fußbodenbelag aus belgischem Granit in der Diele des Hauses. Dass der Keller überhaupt zur Aufbewahrung von altem Mobiliar und historischen Schriften genutzt werden kann, ist einer Idee des Neusser Architekten Rudolf Küppers zu verdanken. Er schlug vor, eine Fußbodenheizung zu installieren. Die Initiative hat sich gelohnt. Heute lädt der geheimnisvolle Ort ein zu Lesungen und Weinproben. Auch ein Besuch des Antiquariats mit seinen 20.000 Büchern und Blättern lohnt.

(RP)
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