Düsseldorf Das wertvollste Buch auf der Kö

Düsseldorf · Die Galerie Setareh an der Königsallee stellt ein einzigartiges Künstlerbuch des weltberühmten Malers und Bildhauers Anselm Kiefer vor: "Bilderstreit" enthält 22 Fotografien von modellierten Kriegsszenen und kostet 135.000 Euro.

Einer der bedeutendsten deutschen Künstler lebt seit Mitte der 90er Jahre in Frankreich, doch auch hierzulande ist er präsent wie eh und je: Der inzwischen 70-jährige Anselm Kiefer überrascht das Kunstpublikum mit immer wieder neuen Themen und Bildfindungen, und seine Sammler bleiben ihm treu. Im vorigen Jahr belegte er auf dem "Kunstkompass" der weltweit meistgefragten Gegenwartskünstler den sechsten Platz. Jetzt ist sein zwischen 2009 und 2011 entstandenes, bislang kaum bekanntes Künstlerbuch "Bilderstreit" in der Galerie Setareh an der Königsallee zu sehen - und für 135.000 Euro zu erwerben.

Kiefer und Düsseldorf - in den meisten Lexika ist diese Beziehung falsch dargestellt. Vor vier Jahren erläuterte der Künstler unserer Redaktion: "Man sagt oft, ich hätte in Düsseldorf bei Beuys studiert; das stimmt aber nicht. Ich habe Beuys gekannt, bin in den 1970er Jahren öfters in meinem Käfer vom Odenwald nach Düsseldorf gefahren, um ihm meine Bilder zu zeigen, die ich vor der Fahrt zusammengerollt hatte. Als ich ihn zum ersten Mal traf, habe ich gemerkt, dass unsere Themen ähnlich sind."

Ein wenig Beuys merkt man sogar noch dem "Bilderstreit" an, jenem Künstlerbuch aus 22 Fotografien in den Maßen 74 mal 54 Zentimeter, das sich Kaufinteressenten jetzt im Untergeschoss der Galerie Setareh von einer behandschuhten Mitarbeiterin durchblättern lassen können. Das Werk wirkt roh, ein Klebeband als Buchrücken hält die gewellten Blätter notdürftig zusammen, die schwarz-weißen Fotografien erscheinen welk, als stammten sie aus alter Zeit.

In Wirklichkeit ist die historische Distanz künstlich erzeugt. Für den "Bilderstreit" hatte Kiefer in seinem ehemaligen Stuttgarter Atelier eine Modelllandschaft inszeniert, in die er zwischen allerlei Unrat drei kleine Panzer und eine Dampflokomotive setzte. Durch Solarisationseffekte - unterschiedlich starke Überbelichtung - lässt er seine Kriegslandschaft fremd und gefährlich erscheinen.

Beim Blättern von Fotografie zu Fotografie fühlt man sich in eine Filmvorführung versetzt. Die Panzer beziehen von Blatt zu Blatt unterschiedlich Position, ein rätselhafter Schlagschatten verfremdet zuweilen die Szene. Gegen Ende verschwinden die Panzer, die Blätter werden immer heller und umreißen ein Panorama der Zerstörungen. Noch einmal kehren die Panzer zurück, dann schiebt sich die Dampflok ins Bild.

Welcher Krieg ist gemeint? Was bedeutet in diesem Zusammenhang "Bilderstreit"? Und was die Lokomotive? Kiefer lässt den Betrachter mit seinen Fragen allein und bietet ihm damit das Beste, das ein Kunstwerk bieten kann: die Möglichkeit, sich auf die Bilder einen eigenen Reim zu machen. Fern liegt uns das Thema ja bedauerlicherweise nicht.

In den Räumen des Erdgeschosses setzt die Galerie Setareh einen Kontrast zum düsteren Geschehen im Keller. Die Ausstellung "Constructive Colour" verschönt die trüben Tage des Januars mit farbkräftigen Kompositionen deutscher ungegenständlicher Maler. Ernst Wilhelm Nays "Geteilt durch Rot und Blau" von 1967 und zahlreiche Bilder des Düsseldorfer "Informellen" Winfred Gaul (1928-2003) wecken Lust auf Sommer, Sonne und Frieden in aller Welt.

(B.M.)
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