Düsseldorf Der Mann für die komischen Momente

Düsseldorf · Martin Ritzenhoff ist Drehbuch-Autor. Spezialität: schwarze Komödien. Eine kommt bald ins Kino - mit Christoph Maria Herbst.

Martin Ritzenhoff bringt Menschen gern zum Weinen. Oder Lachen. Hauptsache, sie zeigen Gefühle, wenn sie im Kinosaal sitzen. Denn dann hat er seine Sache gut gemacht, dann hat er Menschen gepackt mit seiner Geschichte, seinen Figuren, hat sie entführt in seine Welt. Neulich hat er das wieder erlebt. Da war Ritzenhoff beim Filmfest München. "Die Kleinen und die Bösen" hatte dort Premiere, eine schwarze Komödie mit Christoph Maria Herbst, die am 3. September ins Kino kommt. Und nachdem es dunkel geworden war im Saal, zündeten die Gags, lachten die Leute und waren gerührt von Hotte, dem Chaoten, und dessen eigenwilligem Bewährungshelfer.

Die erste Drehbuchfassung der Geschichte hat Ritzenhoff vor zwölf Jahren verfasst, zusammen mit seinem Kollegen Xao Seffcheque. Nun ist es Wirklichkeit geworden - auf der Leinwand. Manchmal ist das für Ritzenhoff gar nicht so leicht anzusehen. Denn manchmal hatte er eine ganz andere Geschichte im Kopf als die Regisseure und Schauspieler und Cutter dann hinterher erzählen. Aber in München lief es gut. "Ich war richtig aufgeregt", sagt er. Und dann ging das Licht aus, die Leute lachten über seine Dialoge, über die komischen Momente, die er so genau geplant hat. Und der Drehbuchautor bekam seinen Lohn.

 Martin Ritzenhoff (46) hat die Drehbücher für bekannte Komödien verfasst, zusammen mit Mathias Dinter. Er arbeitet in einer Bürogemeinschaft in der Nähe des Friedensplätzchens.

Martin Ritzenhoff (46) hat die Drehbücher für bekannte Komödien verfasst, zusammen mit Mathias Dinter. Er arbeitet in einer Bürogemeinschaft in der Nähe des Friedensplätzchens.

Foto: schaller

Seit mehr als 20 Jahren schreibt Ritzenhoff Vorlagen für Kino- und Fernsehfilme. Meist hat er fünf bis zehn Manuskripte gleichzeitig in Arbeit, am liebsten Komödien oder komische Krimis, das kann nicht jeder. Das Leichte ist das Schwere bekanntlich. Ritzenhoff ist gut im Geschäft.

Er hat sein Handwerk studiert an der Filmhochschule Ludwigsburg, 1992 hat er dort begonnen. Er hat dort auch gelernt, mit einer Kamera umzugehen, Licht zu setzen, Regie zu führen. Und er hat selbst kurze Filme gemacht. Aber ihm war das zu langwierig, zu mühsam. "Als Drehbuchschreiber kann man mehr Geschichten erfinden", sagt er. Man muss nur uneitel sein. Denn nach dem Schreiben gibt man seine Ideen aus der Hand. "Oft wird man danach nicht mal mehr angerufen", erzählt er. Der Filmbetrieb übernimmt dann, verleibt sich die Geschichten ein. Manchmal bleiben die Drehbücher auch liegen oder werden gar nicht umgesetzt. Von zehn Büchern schaffen es in Deutschland vielleicht zwei in die Produktion, schätzt er. In Hollywood läge die Quote bei 100:1. Ritzenhoff frustriert das nicht. Er hält sich nicht für einen Künstler, obwohl ein gutes Drehbuch eine Kunst ist. Er sagt "Vorlage" und meint das auch so.

Dabei hat Ritzenhoff an so bekannten Komödien wie "Was nicht passt, wird passend gemacht" mitgeschrieben. Und es läuft gut für ihn. In all den Jahren ist er nie ohne Auftrag gewesen. Nur einmal zog er seinen Namen zurück, weil der Film zu einem seiner Drehbücher so verunglückte, dass er lieber nicht mehr mit ihm in Verbindung gebracht werden wollte. Vor ein paar Jahren hat er mal aus einem seiner unverfilmten Drehbücher auf Anfrage ein Theaterstück gemacht, wieder zusammen mit Xao Seffcheque. "Helden für einen Tag" erzählte aus den Tagen des Punk in Düsseldorf und lief erfolgreich am Jungen Schauspielhaus. "Als Theaterautor wird man anders behandelt, da zählt man viel mehr, die Regisseure beraten sich mit einem, bevor sie in den Text eingreifen", sagt er. "Aber beim Film gelten halt andere Gesetze."

In den ersten Jahren hat Ritzenhoff daheim gearbeitet. Das ging schon während des Studiums los, er ist hineingewachsen in seine Karriere. Doch zu Hause kann viel ablenken von der Schreiberei. Darum hat er sich inzwischen einer Bürogemeinschaft mit anderen Kreativen an der Friedensstraße angeschlossen. "Es ist gut, zum Schreiben in einer Umgebung zu sein, in der andere auch arbeiten", sagt Ritzenhoff. Außerdem hat er zwei Söhne, siebeneinhalb und fünf, lebendiges Alter. Im Büro hat er Ruhe.

Ritzenhoff ist ein Teamspieler. Viele Drehbücher verfasst er zusammen mit seinen Kollegen Matthias Dinter oder Xao Seffcheque. Ihr Gemeinschaftswerk beginnt, wenn die Autoren die Idee für eine Geschichte, den sogenannten Pitch und auch schon ein kurzes Exposé durchbekommen haben und ein Sender ihnen den Auftrag erteilt. Dann schreiben sie zuerst gemeinsam ein Treatment, das schon die Struktur der Geschichte mit allen einzelnen Szenen enthält. Dann teilen sie diese Szenen auf, verfassen die Dialoge getrennt, tauschen sich dann wieder aus. "Manchmal schreibt der eine die Szene des anderen neu oder verfasst neue Dialoge", sagt Ritzenhoff, "da darf man nicht eitel sein, der Text ist Material, an dem wir arbeiten."

Schon als Jugendlicher hat sich der gebürtige Düsseldorfer für Film begeistert. Nach dem Abitur machte er in Aachen Zivildienst, nahm dort an den "musisch kreativen Werkwochen" teil und drehte mit Jugendlichen kurze Filme. Einer erzählte von einem Mädchen, das ungewollt schwanger wird. Damit bewarb er sich in Ludwigsburg und wurde sofort genommen. "Die Hochschulen suchen Leute, deren Talent sie schon sehen, die aber noch nicht so fertig sind, dass man sie nicht formen könnte", sagt er. So einer war er damals. Heute schreibt er gleichzeitig einen Thriller-Piloten für RTL, eine Komödie für den WDR und baut seine Krimikomödie "Einstein", die er zusammen mit Mathias Dinter geschrieben hat und die bei Sat1 erfolgreich gelaufen ist, zur Serie aus. Die erste Staffel soll im nächsten Winter oder Frühjahr gesendet werden, er schreibt schon an der nächsten. Wenn die Quote bei der ersten Staffel gut ist, wird auch die zweite gedreht, sonst wandert das Werk in die Schublade.

Ritzenhoff lächelt. "Ja, so ist das", sagt er und nimmt einen Schluck Kaffee. Trotzdem sei er vollkommen zufrieden mit seinem Beruf. "Es wird nie langweilig", sagt er. Und dass er vielleicht mal etwas Literarisches schreiben will. Einen Roman, keine Vorlage.

(RP)
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