Düsseldorf Der Sänger mit der Bubenstimme

Düsseldorf · Tom Schilling gastierte mit seiner Band in den Kammerspielen des FFT.

Man kennt ja solche Abende: Das Programm klingt zwar schön, aber man hat es auswendig im Kopf. Die Dramaturgie ist nicht langweilig, aber kaum von der vorherigen und vorvorherigen Tournee des Künstlers zu unterscheiden. Und hinterher weiß man gar nicht so recht, wie man es nun eigentlich fand.

Tom Schilllings Auftritt im FFT war zum Glück kein solcher Abend. Zum einen führte der Schauspieler mit seiner vierköpfigen Band The Jazz Kids fast nur unveröffentlichtes Material auf; erst zwei Stücke gibt es zur Zeit im Netz zu hören. Dazu kam, dass es an kleinen Zwischenfällen nicht mangelte. Die Menschen hatten den Saal naturgemäß auch dafür gefüllt, um das Gesicht aus "Crazy", "Elementarteilchen", "Mein Kampf" und "Oh Boy" einmal hautnah zu erleben: Schilling traf auf ein leicht zu begeisterndes, aber schwer zu bändigendes Publikum.

Einen Zuschauer, der die gekürzte Neuinterpretation des DDR-Protestsongs "Kinder" von Bettina Wegner für "entstellend" hielt, bat der Sänger gar zur Diskussionsrunde auf die Bühne. Und eine Frauenstimme aus der ersten Reihe wurde nicht müde, jede rhetorische Frage Schillings lauthals zu beantworten - mit dem Resümee: "Das ist Kritik, davon könnt ihr noch was lernen!"

Am Ende parierte der Ost-Berliner all das solide, schließlich gab ihm sein Repertoire allen Grund dazu, trotz offenkundigem Retroeinschlag. Manches klang nach Element of Crime, das Liebeslied "Ja oder nein" eher nach Hannes Wader im modernen Gewand. Die bereits bekannte "Ballade von René" umgab ein Hauch von Nick Caves "Murder Ballads", nur ist der Protagonist kein Mörder, sondern ein heroinabhängiger Vater.

Und wenn man meinte, man kenne ein Schilling-Motiv von irgendwoher, so wirkte es doch nicht abgenutzt. Zudem erschien Schillings fragile Bubenstimme wieder ganz eigen. Und der Spaß der Musiker an der ersten gemeinsamen Konzertreise wirkte absolut echt.

(RP)
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