Düsseldorf Die Kunst der Kontaktaufnahme

Düsseldorf · Stefan Wissel zeigt Arbeiten aus 20 Jahren im Kunstverein. Die Ausstellung "Bewegung 15. Juli" läuft noch bis Anfang Mai.

 Winkehändchen: Diese augenzwinkernde Installation von Stefan Wissel dient der Begrüßung im Kunstverein. Der Blick zum Grabbeplatz ist verstellt.

Winkehändchen: Diese augenzwinkernde Installation von Stefan Wissel dient der Begrüßung im Kunstverein. Der Blick zum Grabbeplatz ist verstellt.

Foto: Achim Kukulies

So viel Freiraum war nie für eine Ausstellung des Kunstvereins. Das Obergeschoss am Grabbeplatz ist wie leer gefegt. Die ungewöhnliche Fensterinstallation von Stefan Wissel beschäftigt den Besucher sogleich. Sie soll Kontakt herstellen, einen Dialog zwischen Mensch und Kunst. Der pinkfarbene Perlenvorhang, der vor dem mit einem Motor animierten Winkehändchen angebracht ist, gewährt mehrfachen Durchblick - auf das kinetische Objekt sowie auf das Panorama dahinter. Darüber hinaus verleihen die Streben des zur Kunstsammlung liegenden Fensters Struktur. Eigens für die Ausstellung wurde die Installation "Eröffnung" erschaffen.

Stefan Wissel ist Hamburger, der seit seinem Studium bei Michael Buthe an der Kunstakademie in Düsseldorf lebt und arbeitet. Der 54-Jährige versammelt in der mit "Bewegung 15. Juli" betitelten Schau in dem großen Raum sehr unterschiedliche Arbeiten, die miteinander nicht zwingend etwas zu tun haben und doch ein Ensemble auf Zeit bilden. Dabei geht er stets mit hohem formalen Kalkül und leisem Humor vor.

Doch sucht man ein bisschen ratlos beim Eintritt zunächst nach Ordnung oder nach einem System inmitten der 20 Objekte. Kein Wunder, sind die Arbeiten doch unabhängig voneinander in einem Zeitraum entstanden, der fast 20 Jahre umfasst. "Eine nach der anderen ist autonom entstanden", sagt Wissel, "aus immer sehr unterschiedlichen Impulsen heraus." Nichts lasse sich bei ihm in eine Kategorie fügen, er lasse sich selbst auch nicht in eine Schublade packen. Wissel will nicht Objektkünstler, Bildhauer oder Konzeptionalist genannt werden. Er, der Malerei studiert hat, ist vielmehr als ein Philosoph zwischen den Genres unterwegs. Er betrachtet Dinge und Objekte unter dem Aspekt der subjektiven Bedeutung für sich selbst. "Ich bin interessiert an abstrakter Konsistenz von Empfindung" sagt er und weist auf das Ding an sich, dem er seine Bestimmung nehmen möchte, um es in eine neue ästhetische Versuchsanordnung zu überführen.

Es sind meist bildhauerische Arbeiten, Installationen. Selbst das makellose wie ein Bild wirkende "White Piece" ist räumlich gedacht und gearbeitet. Durch Schatten von einem nicht mehr sichtbaren Stahlgestänge erklingt leise das Peace-Zeichen hinter dem Weiß. Meist verbaut Wissel Alltagsstücke, vieles bestellt er bei Handwerkern wie etwa das riesige Metallgestänge aus verchromtem Messing, an das er ironischerweise nur eine Fahrradklingel montiert hat. "Play Station" heißt die sechs Meter in der Länge messende Plastik, die ihre Spannung aus der Ambivalenz von offen und geschlossen bezieht. Die Arbeit erzeuge bei jedem ein Gefühl - darauf beharrt der Künstler und spricht von nahtlosem Übergang aus der Abstraktion zur Erzählung. "Es könnte eine kleine Wohnung in Japan sein", sagt Wissel auf das kahle Gestänge weisend. Darauf muss man erst kommen.

Direkt erschließt sich hingegen die "Partitur": Auf einem Sockel wurde eine Keyboard-Tastatur platziert. Zwischen die Tasten hat Wissel farbige Kreiden gelegt, kurze und lange Stücke. Man kann an Klangfarbe denken oder vielleicht etwas hören. Schrägere Assoziationen sind nicht ausgeschlossen.

(RP)
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