Düsseldorf Die Stadtverschönerer

Düsseldorf · Architekt Jan Hinnerk Meyer und Kulturmanager Hagen Lippe-Weißenfeld schmieden Projekte mit Mehrwert für die Stadtgesellschaft.

Der eine, Anfang 50, ist ein erfolgreicher Architekt, der andere, zehn Jahre jünger, ein kulturbeflissener Kaufmann. Beide zusammen sind ein Team, das sich Zukunftsaufgaben stellt. Jan Hinnerk Meyer und Hagen Lippe-Weißenfeld haben schon im Kaiserswerther Förderverein produktiv zusammengearbeitet. Jetzt vereinen sie sich zum Schmieden von Projekten mit Mehrwert für die Stadtgesellschaft.

Und wenn sie auch nicht mit Feuerkraft Eisen biegen, so sind sie doch energisch dabei, in Düsseldorf und anderswo Ideen zu entwickeln, die sich zu nicht vordergründig gewinnmaximierenden Konzepten kondensieren lassen, welche aus dem alltäglichen Kanon herausfallen. Weil sie auf Wertigkeit, Kultur und Nachhaltigkeit angelegt sind. "Was uns treibt", sagt Jan-Hinnerk Meyer, "ist der Wunsch, den Bürgern Gebäude und Orte mit Geschichte zurückzugeben." Das eine kann sein, tote Orte wiederzubeleben, Vergangenheit magisch aufzuladen, das andere wäre, kulturelle Brachen zu erschließen.

Zum Beispiel Düsseldorf: Die Landeshauptstadt soll endlich ein Fotozentrum bekommen. Darüber wurde viel berichtet und noch mehr diskutiert. Nicht erst, seit der konkrete, bereits in ein Modell gegossene Vorschlag der "Projektschmiede" 2017 auf dem Tisch der Stadtverantwortlichen lag - ein Funktionsbau im Hofgarten, direkt gegenüber vom NRW-Forum gelegen. Das Für und Wider wurde ausgetauscht. Treffsicher lässt sich heute feststellen, dass eher Wolkenkuckucksheim an diesem Ort angesiedelt wird, als dass das Modell durchkommt. Seit mehr als 15 Jahren schon wird die Idee eines Zentrums in der Stadt der Superstars der Fotografie diskutiert. Galeristen, Museumschefs, Kunsthallenlenker und Künstler sprechen sich dafür aus, dass die stilprägende Fotoszene einen Ort erhalten müsste, an dem ihr Vermächtnis verwahrt, digitalisiert und vor allem gezeigt werden soll.

Seit dem Tod von Hilla Becher vor zwei Jahren ist dieses Anliegen noch dringlicher geworden. Da ein Großteil von Bechers wertvollem Fotoarchiv nach Köln gegangen ist, sollte man in Düsseldorf darauf bedacht sein, das Erbe von Bernd und Hilla Becher ebenfalls zu bewahren, die mit der an der Kunstakademie begründeten Photoschule weltberühmt wurden.

Alle Diskussionen fruchteten in der Vergangenheit nicht oder scheiterten am Geld; der Kultur-Dezernent hält sich auch zurück - dabei könnte er Entwickler und Beschleuniger sein. Nichts passiert in einer bürgerlichen Gesellschaft, wenn niemand etwas in die Hand nimmt. Genau aus dieser Situation, die Stillstand und Ohnmacht bedeutet, entwickeln sich die Ideen des "Projektschmiede"-Teams. "Wir sind Menschen, die etwas bewegen wollen, was sie selber bewegt", sagt Lippe-Weißenfeld. Meyer geht noch weiter. Herzblut brauche man als Planer in der Architektur unbedingt. Man bewege sich zwischen zwei Polen: dem Anspruch, etwas Erfüllendes zu leisten, und der Notwendigkeit, Geld zu verdienen. Manches Thema, wie zum Beispiel das Fotozentrum, könne man mit einer modellhaften Verortung vorantreiben, selbst wenn die Vollendung unrealistisch erscheine.

Der Architekt als Visionär für eine menschengerechte Stadtgesellschaft? Das wäre die Rolle, die Meyer am ehesten gefällt. Hauptsache, es wird das öffentliche Nachdenken angeregt und Handeln angestoßen. So erging es ihnen auch mit dem Projekt Pavillon am Schwanenspiegel. Kaum waren die Pläne seiner Wiederbelebung publik, regten sich Interessenten, mögliche Investoren und Betreiber des Bötchenbetriebs. "Uns gefällt es, Reaktionen zu testen", so Meyer, "zu sehen, dass wir mit unseren Projekten Ideen neuen Raum geben." Ähnlich, allerdings im XXL-Format, agiere Stararchitekt Christoph Ingenhoven. Seine teils atemberaubenden Ideen für Düsseldorf seien auch deshalb ohne Konkurrenz, da er als Einziger in seiner Liga spiele. "Am Ende ist auch er nur ein engagierter Architekt, der die Stadt positiv umwandelt", urteilt Meyer über seinen Kollegen. Er sieht Gemeinsamkeiten, frohlockt, "mehr Ideen, mehr Vielfalt".

An Ideen mangelt es den Projektschmieden nicht, da ist an die Markierung der Kulturachse von der Rheinterrasse bis zum Ständehaus gedacht - eine überfällige städtebauliche Maßnahme, die den Kulturstandort beleben könnte, oder an den Ausbau der Kaiserswerther Schule, in der die Bechers über Jahrzehnte wohnten und arbeiteten.

Ganz konkret bauen Meyer-Architekten derzeit an der Friedhofs-Kapelle in Itter, die umgenutzt werden soll zu einem Kolumbarium. Es ist ein kleines architektonisches Projekt und doch eine große Herausforderung. "Entscheidend ist die Idee, es für Menschen herzurichten", sagt Jan Hinnerk Meyer, "dann treibt es mich." Er will als Christ der Gesellschaft zurückgeben, was er Gutes von ihr erfahren hat. Das kann man ihm glauben.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort