Düsseldorf Ein Abenteurer liest Hemingway

Düsseldorf · Der Schauspieler Friedrich von Thun trägt mit einem Pianisten "Der alte Mann und das Meer" im Robert-Schumann-Saal vor.

Der große Schauspieler Friedrich von Thun und der Pianist Max Neissendorfer gastieren am Sonntag in der Reihe "Zweiklang" im Robert-Schumann-Saal. Thun kommt nicht zum ersten Mal für eine Lesung nach Düsseldorf, wohl aber mit einem neuen Programm - der Novelle "Der alte Mann und das Meer". Was fasziniert ihn an Ernest Hemingways letztem Werk von 1952?

"Nun, zunächst einmal ist Hemingway selbst die Faszination", antwortet er. "Was für ein aufregendes Leben! In mir steckt ja auch ein Hang zum Abenteurer." Friedrich von Thun erzählt von den Dutzenden Reisen und Exkursionen, die er fürs österreichische Fernsehen unternommen hat. Er drehte 48 Dokumentationen in aller Herren Länder. "Ich war im Dschungel, in Timbuktu, Belize und Nicaragua", zählt er auf. "Aber seltsamerweise kam ich nie nach Kuba, habe Hemingways Wahlheimat also nie kennen gelernt."

Der Schauspieler und der Musiker fanden eine ungewöhnliche Form der Präsentation. "Da wird Literatur nicht zelebriert, da hört man einer ungeheuer spannenden Geschichte zu", erklärt Friedrich von Thun. Max Neissendorfer wird seinen Part am Klavier improvisieren und ihn mit Elementen von Blues und Gospel anreichern. "Dabei greift er die Stimmung der jeweiligen Textpassage auf. Mit Musik, die direkt in den Bauch zielt. Nicht als Abwechslung, sondern als Ergänzung." Hemingway schildert den Kampf des Fischers Santiago um einen prächtigen Marlin. Doch der Fang, der ihm schließlich gelingt, macht ihn nicht glücklich. "Die Gefühle von Schmerz und Wehmut werden wie bei einem Duett vertieft und fließen ineinander", sagt Friedrich von Thun. "Die Wirkung kommt einem Melodram nahe." In den Lesepausen drifte er mit seinen Gedanken nicht ab, da bleibe er vollkommen in der Situation, "und ich hoffe, dem Publikum geht es genauso".

Er freut sich auf seinen Abstecher nach Düsseldorf. Gestern war er bereits in der Stadt und hielt bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises in der Rheinterrasse eine Laudatio auf Senta Berger, die mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet wurde. Er kam aus alter Freundschaft, auch um paar nette Geschichten von früher beizusteuern. An seine erste Begegnung mit der Schauspielerin erinnert er sich noch genau: Als er 1964 mit Senta Bergers späterem Mann Michael Verhoeven die "Lausbubengeschichten" drehte, machte sie einen Besuch am Set. Die Komödie war Friedrich von Thuns Kinopremiere. Mit damals 22 Jahren gehörte der ehemalige Germanistik-Student zum Ensemble der Münchner Kammerspiele. Dort entdeckte ihn Regisseur Helmut Käutner und holte ihn zum Film.

Fortan blieb er dauerhaft präsent. Im Theater, im Fernsehen und auf der Leinwand, wo er auch bei internationalen Produktionen mitwirkte, darunter "Schindlers Liste". Zuletzt spielte Friedrich von Thun im Kinofilm "Die Hölle" mit Tobias Moretti dessen demenzkranken Vater. "Brutal, aber handwerklich vom Allerfeinsten", sagt er, "eine Arbeit, wie man sie sich wünscht. Wir hatten einen tollen Start in Wien. Doch leider bemüht sich der deutsche Verleih nicht intensiv darum, dass der Film auch bei uns ins Kino kommt."

Der vielseitige Schauspieler gelangte im Fernsehen auch durch die Krimireihe "Die Verbrechen des Professor Capellari" (1998-2004) zu Popularität. Mit seinen 74 Jahren ist er dankbar für die Möglichkeit, nur annehmen zu müssen, worauf er Lust hat. "Wenn allerdings keine schönen Angebote kommen, steigt die Sehnsucht nach der Arbeit", gibt er zu. "Vielleicht sinkt dann aber auch der eigene Anspruch. Weil man so froh ist, seinen Beruf überhaupt ausüben zu können."

Eine feste Position sind seine Lesungen, die er allein schon wegen der unmittelbaren Nähe zum Publikum genießt. Sie führen ihn durch ganz Deutschland und immer wieder auch ins Rheinische. Sein Schwiegersohn, der Mann seiner Tochter Gioia, kommt aus Meerbusch. Bei dessen Verwandtschaft macht der Schauspieler hin und wieder Station. In München hat er seine engste Familie um sich. Sowohl die Tochter als auch sein Sohn Max von Thun, Schauspieler wie der Vater, wohnen jeweils nur wenige Autominuten entfernt. "Als Großvater bin ich gut beschäftigt", sagt er. "Das geht vom Ausführen des Hundes bis zur Betreuung meiner fünf Enkelkinder."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort