Düsseldorf Ein Ereignis: Trifonov am Klavier

Düsseldorf · Peter Tschaikowskys erstes Klavierkonzert in b-moll ist eigentlich ein ziemlich tot gespielter Brecher und kann peinlich übermotorisiert klingen, wenn es pompös heruntergedonnert wird. Doch Daniil Trifonov, der zurzeit als unumstrittener Superstar der jüngeren und auch intellektuell regen Pianisten-Generation gilt, zeigte nun in der Tonhalle, wie packend das Konzert klingen kann, wenn man es klug abrüstet. Erstmals hörte man Trifonov mit Tschaikowskys Schlager vor knapp fünf Jahren in der Kölner Philharmonie mit den Wiener Philharmonikern und Valery Gergiev am Pult. Da war Trifonov noch ein Geheimtipp, wuchtete aber schon die ersten Akkordballungen mit einer derartigen Energie in die Tastatur, dass der Steinway wackelte.

 Daniil Trifonov trat in der Tonhalle auf.

Daniil Trifonov trat in der Tonhalle auf.

Foto: Susanne Diesner

Fünf Jahre später geht er den ersten Satz ganz anders an: Nun intoniert er weich, verbindet die Akkordblöcke mit sanftem Abfedern fast zu einem Legato und verschießt somit sein Pulver nicht schon in den ersten Minuten. Doch das ist erst der Anfang seiner zunächst bedächtigen Lesart, der Vladimir Jurowski - soeben zum künftigen GMD der Bayerischen Staatsoper ausgerufen - mit dem famosen London Philharmonic Orchestra die ideal ausbalancierte Grundlage schafft. Denn nun zieht Trifonov alle Register seiner atemberaubenden Gestaltungskraft, die riskante, aber messerscharf kalkulierte Rubati wagt und den endlosen ersten Satz kristallklar strukturiert zu einer sogartigen Erzählung. So entsteht fesselnde Dramatik aus einer Dynamik der Klarheit heraus und gipfelt in einigen wirklich majestätischen Momenten. Den zweiten Satz nimmt Trifonov dagegen ganz impressionistisch, als schaue ihm Ravel über die Schulter. Dabei huscht ihm manchmal ein Lächeln übers Gesicht. Der dritte Satz prescht mit umwerfendem musikantischen Witz voran. Ein Ereignis.

Nach der Pause dann Strawinskys Ballettmusik "Der Kuss der Fee", die Jurowsky leicht und luftig versteht, eher singend im Geiste Tschaikowskys als der kantigen Moderne verpflichtet. Der Londoner Klangkörper begeistert dabei mit grandiosen Sololeistungen insbesondere der Bläser und intelligenter Spielfreude. Jurowskis Zeichengebung ist eine Augenweide an gebündelter Energie und Präzision. Großer Jubel für einen großen Abend.

(RP)
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