Düsseldorf Einmal Kuba und zurück

Düsseldorf · Die Show "The Bar at Buena Vista" erinnerte in der Tonhalle an die großen Zeiten der kubanischen Musik.

 "The Bar at Buena Vista" ist eine Leistungsschau der kubanischen Kultur. Im Mittelpunkt: Musik und Tanz. Der 76-jährige Sänger Julio Alberto Fernández gehört zu dem Ensemble, das den "Social Club" wieder aufleben lässt.

"The Bar at Buena Vista" ist eine Leistungsschau der kubanischen Kultur. Im Mittelpunkt: Musik und Tanz. Der 76-jährige Sänger Julio Alberto Fernández gehört zu dem Ensemble, das den "Social Club" wieder aufleben lässt.

Foto: Christian Zenger

In der Ecke sitzt ein junges Paar. Sie in einem roten Cocktailkleid, er im Anzug mit Panama-Hut. Die Frau zieht an einer Zigarre, während ihr Begleiter an einem Glas weißem Rum nippt. Die Düfte vermischen sich und legen sich in schwer-süßlichem Nebel über das Parkett. Tanzend stürmt ein älteres Paar auf sie zu. Die Bewegungen sind so leidenschaftlich und überwältigend, dass man kaum hinschauen kann.

"The Bar at Buena Vista" heißt die Show in Kneipen-Kulisse, die jetzt in der Tonhalle zu Gast war. Für einen Abend werden die Zuschauer aus der Tonhalle am Rhein in die legendäre "Buena Vista Bar" auf Kuba mitgenommen. Und dort ist was los: Es gibt Tanz, Musik und Dokumentarisches über die großen Zeiten des "Social Clubs". Einige der legendären Musiker und Tänzer, die die kubanische Kultur berühmt gemacht haben, sind nach Düsseldorf gereist.

Star der Show ist Sänger Ignacio "Mazacote" Carrillo, der an diesem Abend seinen 91. Geburtstag feiert. Zunächst steht er mit Gehstock auf der Bühne. Seinem Gesang merkt man das Alter indes nicht an: Als er die ersten Worte singt, überrascht seine immer noch starke, klangvolle Stimme. Dann tanzt er in die Mitte der Bühne. Er schwenkt nach links und nach rechts, er lässt die Hüfte halbkreisen und wirft den Stock weg. Eine Tänzerin rast auf ihn zu, sie entfachen nun Feuer auf der Bühne. Begeistert applaudiert das Publikum, der Grandfather of Cuban Music ruft "I love you" ins Mikrofon und lässt sich sichtlich erschöpft in einen Schaukelstuhl fallen, der extra für ihn in das Zentrum der Bühne gestellt wurde. Sehnsüchtig signalisiert Carrillo der Barkeeperin seine Bereitschaft für den nächsten Drink.

Der britische Regisseur Toby Gough hat "The Bar at Buena Vista" erdacht, er kommt nun auf die Bühne, um die Bedeutung des "Social Clubs" für die schwarze Arbeiterbevölkerung Kubas der 40er Jahre zu würdigen. Aufgrund der Rassentrennung war es einflussreichen Weißen vorbehalten, die teuren Bars und Kasinos zu besuchen, erzählt Gough. Der "Social Club", einst als Kulturverein gegründet: Für Gough ist er das Gegenmodell. Der Club bot kostenfreie Bildung und Gelegenheit zum Tanzen und Musizieren für alle. Darum ist diese Show auch mehr als ein gewöhnlicher Konzertabend. "The Bar at Buena Vista" demonstriert vielmehr und eindrücklich, wie sehr die kubanische Musik mit dem Tanz verwoben ist. Da ist etwa der 84-jährige Luis Chacón Menedive, der sich "Aspirina" nennt, weil er sich als Kind angeblich einmal eine Schmerztablette auf einen schmerzenden Zahn geklebt hat. In der Tonhalle gibt sich der legendäre Rumba-Tänzer elegant. Mit viel Tempo und großer Leichtigkeit geht es für "Aspirina" übers Parkett - so muss es wohl auch einst während der goldenen Zeiten der Bar at Buena Vista gewesen sein. Zuvor hatte bereits Siomara Avilia Valdés Lescay, die Diva in "The Bar at Buena Vista", einen Zuschauer zum Tanz aufgefordert und den Hüftschwung gelehrt. Am liebsten möchte man die Stühle aus dem Konzerthaus tragen und selbst tanzen. Weil das nicht geht, beschränkt sich das Publikum darauf, höflich mit den Schultern zu kreisen.

Zum Finale erheben sich dann doch noch einmal alle aus den Sitzen. Es gibt den Welthit "Chan Chan", auch das Publikum singt nun mit. Als der letzte Ton ausklingt, wird man sich gewahr, dass dieser Abend vorüber ist und man doch nicht auf Kuba war. Die Tonhalle leert sich dennoch in Nach-Urlaubs-Gelassenheit.

(RP)
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