Düsseldorf "Essen für alle" - umwerfendes Album von Toresch

Düsseldorf · Wer daran zweifelt, dass in Düsseldorf auch 30 Jahre nach Kraftwerks "Electric Café" tolle Platten erscheinen, möge sich rasch und unbedingt das neue Album "Essen für alle" von Toresch anhören. Am besten steuert man direkt das letzte Stück an, "Comida para todos" heißt es: wüst und ungeschliffen, roh und unaufhaltsam, totale Energieabfuhr. Diese brutale elektronische Musik klingt nach "Dark Side of the 80s", nach New Wave mit Punk-Ästhetik; ziemlich gut also, unwiderstehlich - man will direkt tanzen. Und wenn jemandem die ersten Takte verflixt bekannt vorkommen, liegt er richtig: Das ist das Lied, bei dem im "Salon des Amateurs" unter der Kunsthalle die Tanzfläche immer so voll ist.

Genau dort wurde das Album denn auch produziert, Toresch sind nämlich Detlef Weinrich, der den Salon ja führt, und seine Studienkollegin von der Kunstakademie, Viktoria Wehrmeister, sowie deren Ehemann Jan Wagner. Weinrich hat das Soundfundament der sechs Stücke aus Beton gegossen, Wehrmeister schaute beim Aushärten zu, stellte sich dann drauf und sang, schrie und keuchte, und zwar in einer Fantasiesprache, einem spanisch gefärbten Kauderwelsch der Nacht, das man aber gut versteht, wenn man vor mächtigen Boxen steht und sich vom Bass die Augäpfel in die Höhlen drücken lässt. Wagner gestaltete das Cover, auf dem ein aufgeklappter 3D-Körper zu sehen ist. Außerdem designt er die Bühne, wenn Toresch auftritt.

Eine der großen Platten dieser Stadt. Sollte man auf jeden Fall jetzt hören. Und nicht erst in 30 Jahren, wenn einen die Enkel darauf ansprechen. Philipp Holstein

(RP)
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