Düsseldorf Forscher diskutieren über die Aktualität Heinrich Heines

Düsseldorf · Als der Zeichner Hans Traxler mit seiner berühmten "Birne" den damaligen Kanzler Kohl attackierte, hatte er französische Vorbilder aus dem 19. Jahrhundert im Sinn. Karikaturisten wie Daumier und Grandville wiesen mit ihren satirischen Grafiken, darunter auch einer Birne als Kopf des "Bürgerkönigs" Louis Philippe, auf gesellschaftliche Missstände hin. Wie aber stand der Dichter Heinrich Heine zu seinen zeichnenden Kollegen? Das war Thema beim Forum "Junge Heine-Forschung", bei dem das Heine-Institut für einen Tag zu einem zweiten "Haus der Universität" wurde.

Karin Füllner, die Programmleiterin, freute sich vor allem darüber, dass in den sechs Vorträgen von jungen Wissenschaftlern aus Deutschland, Russland und Kolumbien über die Germanistik hinausgehende Blicke auf das Werk des Dichters geworfen wurden. Heines "Doktor Faustus. Ein Tanzpoem" etwa, ein weniger bekanntes Drama, geriet in der Studie des Freiburgers Felix Lempp zu einem karnevalesken Volksfest. Ungezwungen und überraschend auch die übrigen Querzugänge zu Heine: Ob es seine Auseinandersetzung mit Hegels Philosophie war oder sprachliche Zeitsprünge in seien Versen, die Zuhörer erlebten einen Dichter, der modern und lebendig bleibt.

Besonders gefiel der Vortrag von Maria Behrendt, die unter dem Zitattitel "Mehr Witz als die Musik verträgt?" Heine in Liedvertonungen der 1830er Jahre untersuchte. Anhand zweier Live-Beispiele analysierte die Musikwissenschaftlerin aus Weimar/Jena, wie die Komponisten seiner Zeit Heines literarischen Witz in ihre Tonsprache übertrugen und auch variierten. Für diese Leistung wurde Frau Behrendt von der Jury mit dem Preis des Forums geehrt. Die Preisträgerin, das ist Tradition, wird auch zur Jury des kommenden Jahres gehören.

Ob Heine noch heute ein "Unruheherd" sei, fragte RP-Redakteur Lothar Schröder am Abend bei einer Diskussionsrunde über "Romantik und Revolution" in Frankreich, Deutschland und Polen. Hierzu gibt es auch eine neue Ausstellung im Heine-Institut. Romantik und Revolution, so betonten Alfred Gall für die polnische und Ruthard Stäblein für die französische Seite, sind in unseren Nachbarländern kein Gegensatz. Der Dichter bleibe für die Gegenwart vital. In den nächsten Monaten gibt es eine Lesereihe des Instituts zum Thema "Romantik und Revolution".

(RP)
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