Düsseldorf Frau Remy mit den Scherenhänden

Düsseldorf · Die dadaistischen Collagen von Sabine Remy sind im Kunstraum Descartes zu sehen. Ihre erste Arbeit hält sie aber bis heute geheim.

"The Dadaist", Sabine Remy, 2016.

"The Dadaist", Sabine Remy, 2016.

Foto: Sabine Remy

Bis September 2009 kam das Leben von Sabine Remy ohne Kunst aus. Jedenfalls ohne solche, die sie selbst geschaffen hatte. Dann begann sie mit den Collagen. Wie sie darauf kam, kann sie auch heute, mit nunmehr siebeneinhalb Jahren Abstand, nicht sagen. "Es kam einfach über mich, ganz plötzlich."

Sie griff also zu Schere und Skalpell und begann Elemente auszuschneiden. Einen VW-Käfer auf leerer Landstraße. Das Federkleid eines Vogels. Und immer wieder Augen. Allesamt Fundstücke aus Zeitschriften, die zufällig da waren. Die erste Arbeit, die entstand, war eine sehr persönliche. Remy hält sie bis heute geheim. "Ich habe sie nicht für irgendjemand anderen gemacht, sondern nur für mich", sagt sie. In den darauffolgenden zwei Jahren behielt sie diesen Kurs zunächst bei. Remy schuf die Kunst ausschließlich für sich.

Irgendwann aber reichte ihr das Arbeiten im Verborgenen nicht mehr. Sie wollte die Collagen zeigen. Allein wie und wo, das wusste sie nicht. "Mach doch ein Blog", riet ihr Partner, seines Zeichens Fotograf. So entstand miriskum.de. "Von da an war ich nicht mehr zu bremsen", erinnert sich die 50-Jährige. Anfangs postete sie täglich ihre Werke. Mittlerweile hat die Frequenz zwar abgenommen, aber das Blog ist nach wie vor zentraler Bestandteil ihrer künstlerischen Arbeit: "Blog und Collagen gehören zusammen", sagt Remy.

Gleiches gilt auch für die "Collabs", Kooperationen mit anderen Collagisten aus der ganzen Welt, aus Japan, Finnland oder Südafrika, auf die sie im Netz gestoßen ist. Mit der US-Amerikanerin Lynn Skordal etwa hat sie bereits 70 Werke gemeinsam geschaffen. Einer fängt an, schneidet ein Element aus, klebt es auf. Dann geht das unvollendete Werk per Post auf die Reise nach Übersee und wird dort fortgesetzt. "Mit Lynn klappt das super", so Remy. Aber natürlich braucht diese Arbeitsweise viel Zeit. "Ein Brief in die USA kann drei Tage unterwegs sein, aber auch schon mal drei Wochen." Vorteil dieser entschleunigten Methode in einer viel zu schnellen Zeit: Man bekommt viel Post und das nicht nur von Versicherungen und Banken.

Vor einigen Jahren hat Sabine Remy sich nun auch in den nicht-virtuellen Raum vorgewagt. In knapp 20 Ausstellungen waren ihren Arbeiten seit 2013 zu sehen. Die Remy-Collagen wurden anlässlich von "Die Grosse" im Museum Kunstpalast gezeigt, im Künstlerverein WP8 am Worringer Platz, aber auch in Ungarn und den USA. Im Kunstverein Sundern hat sie vor zwei Jahren zusammen mit dem Kölner Fotografen Boris Becker ausgestellt. Bei der Beschaffung von Material geht die gebürtige Düsseldorferin mittlerweile gezielter vor. Ihre Hauptquelle ist der Secondhand-Buchladen von "Cash & Raus" auf der Kaiserswerther Straße. Dort schaut die Künstlerin regelmäßig vorbei, "mindestens einmal im Monat", sagt sie.

Auf ihrem Schreibtisch stehen einige Fundstücke. Ein großer Bildband mit dem Titel "Blumengrüße" zum Beispiel. Und ein Fabelbuch. "Ich zerschneide ja auch Bücher", gesteht die Künstlerin. Damit habe sie sich anfangs sehr schwergetan, "the first cut is the deepest". Die Buchrücken, gerne mit Leineneinband, nutzt Remy als Basis für ihre Kunst. Die Zutaten für Letztere bewahrt sie - ähnlich einem Koch, der sich das Gemüse vorbereitet - nach Themen sortiert im Regal auf. In Mappen und Ordnern warten "Augen", "Münder" und "Arme" ebenso auf Verarbeitung wie "Buchstaben" oder "Vorder- und Hintergründe".

Ab Freitag ist eine Auswahl der fertigen Arbeiten in einer Gruppenausstellung im Kunstraum Descartes ausgestellt. Der nach dem französischen Philosophen, Mathematiker und Naturwissenschaftler benannte Projektraum hat Ende Oktober eröffnet. Mitbetreiber ist Gérard Goodrow. Der ehemalige Leiter der Kunstmesse "Art Cologne" stellt Remy bereits zum zweiten Mal aus.

(RP)
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