Interview mit Gertrud Peters "Freier Eintritt wäre ein gutes Signal"

Düsseldorf · Die Leiterin des Ausstellungshauses KIT (Kunst im Tunnel) macht konstruktive Vorschläge für die Museumslandschaft in Düsseldorf.

Das KIT am Rheinufer ist nicht nur Kunstliebhabern, sondern auch vielen Spaziergängern bekannt - Letzteren vor allem von außen. Das Haus indes versucht, Strategien zu entwickeln, um sich neuen Besuchern zu öffnen.

Das KIT am Rheinufer ist nicht nur Kunstliebhabern, sondern auch vielen Spaziergängern bekannt - Letzteren vor allem von außen. Das Haus indes versucht, Strategien zu entwickeln, um sich neuen Besuchern zu öffnen.

Foto: Ivo Faber

Unterirdisch ist seine Lage am Mannesmann-Ufer, eher jung als alt sein Publikum, erfolgreich die 2015er Bilanz mit 36.000 Besuchern, und in einer Sonntagszeitung wurde das Ausstellungshaus Kunst im Tunnel (KIT) neben dem Kölner Museum Ludwig für sein Jahresprogramm gelobt. Gertrud Peters, Leiterin seit der ersten Stunde vor neun Jahren, ist zufrieden.

Aber nicht die Quote zählt für sie, wenn auch gute Besucherzahlen gerngesehen werden. Darin ist sie sich mit den meisten anderen Direktoren in Düsseldorfer Häusern einig. Allein entscheidend sind Qualität und Vielfalt, sagt sie, und dass an der reichen Museumslandschaft noch mehr Menschen partizipieren. In einem Gespräch zum Jahresneubeginn schlägt sie vor, dass die Stadt sich entschließen möge, in einigen Fällen, in den Sammlungen und auch im KIT, das Eintrittsgeld zu erlassen.

Kommen mehr Menschen ins Museum, wenn sie kein Ticket lösen und wie bei Ihnen vier Euro bezahlen müssen?

Peters Davon bin ich überzeugt. Mein Kollege Tobia Bezzola vom Folkwang-Museum Essen berichtet, dass schon kurz nach Öffnung des Hauses mehr Menschen und auch neue Besuchertypen kamen.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Leute denken, was nichts kostet, ist auch nichts wert?

Peters Im Gegenteil. Freier Eintritt ist ein Signal, das bedeutet, ihr seid eingeladen, es ist euer Museum, aus Steuergeldern finanziert. Wir wollen heute barrierefrei sein, nicht nur im wahrsten Sinn des Wortes. Auch, um die Barrieren im Kopf umzustoßen, eignet sich ein freier Eintritt.

Und die Einnahmen, die den Museen dadurch fehlen?

Peters Ich denke, dass diese, außer bei Blockbustern, nicht die entscheidende Rolle spielen. Viel wichtiger ist es, unseren Bildungsauftrag wahrzunehmen. Dazu ist das Museum da. Für mich ist es als Geschenk zu sehen, von dem möglichst viele profitieren. Ein Land, das in Krieg und Hunger untergeht, hat keine Museen. Wer dann über den freien Eintritt erst einmal bei uns angekommen ist, ist eher bereit, für spezielle, aufwendige, teure Sonderausstellungen extra zu bezahlen.

Ihre Kollegin Christiane Lange von der Staatsgalerie Stuttgart forderte neulich öffentlich, dass Deutschland seinen Museumsboom stoppen soll. Sie fragte rhetorisch, wer sich das alles ansehen soll. Gibt es in Düsseldorf Einsparpotenzial?

Peters Ich finde Langes Position überheblich. Gerade in Düsseldorf sieht man, dass die Breite der großen und kleinen Häuser die Attraktivität des Kunststandorts ausmacht.

Was zeichnet die kleineren Häuser wie KIT, Goethe-, Hetjens-, Theater-, Stadt- und Filmmuseum aus?

peters Dass diese sich nicht am Mainstream beteiligen, dass sie auch mutig genug sind, regionale und unbekanntere Künstler auszustellen, dass sie wie etwa beim Porzellan- oder Glasmuseum Ausdruck von bürgerlichem Stifterwillen sind, dass sie mit ihrer Spezialisierung nicht die Massen ansprechen, aber die Liebhaber.

Das heißt, Sie plädieren für den Erhalt der Vielfalt?

Peters Unbedingt. Die hiesige Museumslandschaft ist ausgewogen und arbeitet auf hohem Niveau. Es gibt die Leuchttürme wie die NRW-Kunstsammlung und das Museum Kunstpalast, und es gibt die charmante Vielfalt der kleineren Häuser.

Oberbürgermeister Geisel will die Kulturlandschaft neu akzentuieren, er setzt dabei auf Off-Räume.

Peters Gut, dass er sich für Kultur interessiert. Alternative Räume können die Kunstszene nur bereichern. Bei uns im KIT war Geisel schon zweimal, das hat mich sehr gefreut.

Wo sehen Sie Ihr Entwicklungspotenzial, wo will das KIT hin?

Peters Vermittlung und Inklusion gehören zu den Kernaufgaben des Museums. Das bringt die Veränderung der Gesellschaft mit sich, der demografische Wandel und der Zuzug von Flüchtlingen. Diesen Veränderungen müssen wir uns stellen, dabei den Oasen-Charakter des Museums bewahren und die Geschichte unserer Stadt, die sich in den Sammlungen spiegelt, pflegen. Niemand erwartet, dass sich Flüchtlinge sogleich ins Museum stürzen angesichts der großen Sorgen, die sie umtreiben. Aber wir können ihre Kinder abholen.

(RP)
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