Düsseldorf Gespräch ohne Worte beim Theaterfestival Impulse

Düsseldorf · Es gibt auch das: "Intimes, intensives Kammerspiel mit hervorragenden Schauspielern", so heißt es über "Urforst", das Stück von Hendrik Quast und Maika Knoblich, das am 20. Juni im Mülheimer Ringlokschuppen Ruhr aufgeführt wird.

Und auch Ibsens "Gespenster" bezogen sich zumindest formal auf traditionelle Theaterformen. Aber über eines denken die Akteure, die am 15. Impulse-Festival beteiligt sind, besonders intensiv nach: Wie lassen sich die tradierten Formen des Spielens verändern oder gar auflösen? Wie beenden wir die Teilung zwischen Bühne und Publikum?

Da wird auch der Begriff Performance in Frage gestellt, die "Aktion" ist das Mittel der Gegenwart, so wie sie der Künstler Phil Collins und seine Studierenden entworfen haben. In "Our Position Vanishes" dient ein Bus als rollende Aktionsbühne. In Düsseldorf ist das FFT Austragungsort der Impulse, und dort konzentriert man sich auf die Arbeit der holländischen Filmemacherin Lotte van den Berg (zum ersten Mal ist das Festival auch für fremdsprachige Künstler geöffnet). Sie hat sich mit ihrer Reihe "Building Conversation" dem Wesen des Spielens genähert und hat das Spiel durch das Gespräch ersetzt. Konkret heißt das: Bei minimaler Organisation treffen sich Menschen, um sich über ein bestimmtes Thema zu unterhalten. Wobei es einige Regeln gibt: Das "Gespräch ohne Worte" ist genau das, es basiert auf der Struktur der jährlichen Versammlungen der Inuit, die gänzlich ohne Worte auskommen. Beim "Unmöglichen Gespräch über Geld", dem wir beiwohnten, folgen die Teilnehmer den von den Jesuiten entwickelten Regeln des Gesprächs: Kontemplation, Reflexion und Diskussion. Vom Treffpunkt vor den FFT Kammerspielen geht es in einen leeren Raum nebenan, vier Stunden sind für den Austausch angesetzt, zur Stärkung stehen Wasser und Datteln bereit. Im ersten Schritt schreiben wir einschneidende Erlebnisse mit Geld auf, im zweiten lesen wir das Geschriebene einander vor, im dritten sprechen wir darüber. Nun sind wir also selbst Akteure, wir lesen Geschichten vor. Die handeln oft von Ängsten, kindlichen und erwachsenen. Bekomme ich noch Geld aus dem Automaten? Kann die Mutter den Berg im Einkaufswagen an der Kasse bezahlen? So entwickelt sich ein Gespräch zwischen intelligenten, sympathischen Leuten, und doch beschleicht einen der Gedanke, dass die komplette Aufgabe dramatischer Techniken sich im Gespräch kaum kompensieren lässt. Es ist eine gesellschaftliche Versuchsanordnung, aus der man etwas mitnehmen kann, aber nicht muss. Als die Teilnehmer von den Gesprächsorten zurückkehren, entfalten sich bei asiatischer Suppe Gespräche über die Gespräche, die fast interessanter sind. Vielleicht wäre das "Gespräch ohne Worte" ja spannender gewesen. Und vielleicht entfaltet der Abend eine Langzeitwirkung.

Theater-Festival "Impulse", bis zum 20. Juni. Alle Termine: www. Festivalimpulse.de

(RP)
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