Karl-Heinz Ott Heinrich Heine liebte Rheinwein

Düsseldorf · Der Schriftsteller Karl-Heinz Ott wird sich zum Heine-Haus-Jubiläum dem Lesen und Trinken widmen.

 Karl-Heinz Ott bei einem früheren Besuch im Heine Haus.

Karl-Heinz Ott bei einem früheren Besuch im Heine Haus.

Foto: Andreas Endermann

Sein zehnjähriges Bestehen will das Heine Haus am Mittwoch denkend genießen: mit einem Auftritt des Schriftstellers Karl-Heinz Ott wird sich manches ums Essen und Trinken in der Literatur drehen. Abrunden wird sich der Abend mit einer Weinprobe.

Im Heine Haus werden Sie das Lesevolk über Essen und Trinken in der Literatur - auch mit praktischen Beispielen - belehren. Wie lässt sich das mit der Fastenzeit vereinbaren?

Ott Natürlich überhaupt nicht. Allerdings sind die katholischen Rheinländer auch nicht dafür bekannt, dass sie die kirchlichen Gebote zweihundertprozentig befolgen. Im Übrigen hat die Fastenzeit seit jeher den kulinarischen Fortschritt befördert. In den Klöstern wurde dafür das Starkbier erfunden, das schon zum Frühstück in großen Krügen auf dem Tisch stand. Man lebte vierzig Tage lang in permanentem Schwebezustand von Flüssignahrung. Und bei uns im Süden heißen die Maultaschen bis heute Herrgottsb'scheißerle, weil zwischen dem Teig Fleisch versteckt ist, das Gott nicht sehen soll.

Ist Literatur wie Speis und Trank am Ende eine Geschmackssache?

Ott Mit dem Geschmack ist das so eine Sache. Natürlich ist es Geschmackssache, ob jemand lieber Frikadellen mag oder lieber Blutwurst. Allerdings gibt es fantastische und jämmerliche Frikadellen und großartige und miserable Blutwürste. Und das hat dann schlichtweg mit den Zutaten zu tun und mit dem handwerklichen Können des Metzgers und des Kochs. So ist es auch bei Literatur. Ich bin überhaupt nicht der Meinung, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt, ganz im Gegenteil. Es gibt Argumente, die man für das eine und gegen das andere anführen kann. Ich muss einen Roman nicht mögen, um ihn trotzdem als Meisterwerk anerkennen zu können. Man kann Dinge rein stilistisch und handwerklich beurteilen.

Wie schwierig ist es für einen Erzähler, in Romanen nach dem richtigen Wein für seine Helden zu suchen?

Ott Mir sind Romane verdächtig, wo mit Dutzenden von Käse- und Weinsorten aufgetrumpft wird. Da kriege ich schnell das Gefühl, dass der Autor den Gourmet raushängen lassen will. In meinem letzten Roman "Die Auferstehung" trumpfe ich allerdings auch ein, zwei Mal mit unbezahlbaren Weinen auf, nämlich mit Pétrus und Romanée-Conti, was als Witz gemeint ist, weil sich da jemand bei einem leicht kotzbrockig auftretenden Gast dafür entschuldigt, dass bloß Trollinger im Keller ist und ein paar billige Italiener.

Zu welcher Phase einer Roman-Niederschrift ist der Weinkonsum am größten?

Ott Es gibt ja ganze Bücher über saufende Schriftsteller: von E.T.A. Hoffmann, Poe, Keller und Roth bis zu Faulkner, Hemingway und Bukowski. Auch Goethe wird nachgesagt, er habe pro Tag vier Flaschen Wein getrunken. Wie diese Leute das geschafft haben, weiß ich nicht. Wenn ich beim Schreiben trinke, kann ich den Mist am nächsten Tag wegschmeißen. Ich werde dann auf dämliche Weise poetisch oder absurd expressiv.

Welcher Wein passt zum Heine Haus?

Ott Meines Wissens mochte Heine Rheinwein. Lange Zeit hatte Deutschland ja mit seiner Liebfrauenmilch den allerschlimmsten Ruf. Dass am Rhein allerdings grandiose Spätburgunder wachsen, die es locker mit den französischen aufnehmen können, hat sich inzwischen herumgesprochen. Morgen gibt es indes Weine aus dem Badischen, mit denen man nie falsch liegt.

LOTHAR SCHRÖDER STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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