Düsseldorf Horst Ewerts Roman schickt Düsseldorfer in den Osten

Düsseldorf · Natürlich erinnert das Buchcover an einen Asterix-Band - mit der dicken Lupe, die sich über eine Landschaft legt und damit ganz groß werden lässt, was sonst eher mickrig ist. Doch der Buchdeckel des ersten Romans von Horst Ewert nimmt nicht Nordfrankreich unter die Lupe, sondern Norddeutschland; genauer: das sehr weit östliche Norddeutschland. Und so heißen Ort und Roman dann auch: "Ostrin".

Das Buch ist eine feine Satire auf die Zeit kurz nach der sogenannten Wende. In Ostrin wird ein Bürgermeister gesucht, zwei Bewerber aus Düsseldorf und Köln machen sie auf, das Fürchten zu lernen und den eigenbrötlerischen Menschen dort den Karneval zu lehren. Dieses Ostrin "ist ganz authentisch und erstunken und erlogen", sagt Ewert, der in Stralsund geboren wurde, in Magdeburg lebte und schließlich rübermachte, als die politischen Verhältnisse für ihn, den Parteilosen, immer unerträglicher wurden. Doch so einfach ließ man ihn nicht gen Westen ziehen, schließlich war der studierte Maschinenbauer gefragt. Doch als Ewers mit seiner Familie die ersten Protestmärsche in Magdeburg organisierte, ging die Ausreise plötzlich schnell. Es blieb praktisch nur die Zeit, den Wellensittich mitzunehmen, sagt Ewers.

Seit 1988 lebt der 66-Jährige in Düsseldorf und fühlt sich als "mentaler Rheinländer". Das Buch ist für ihn eine literarisch-amüsante Rückkehr in die frühere Heimat, ein schelmischer Blick auf die Politik und auf einen besonderen Menschentypus, dessen Protest aus der Dickfelligkeit erwächst. Unterhaltsam ist die Geschichte, voller Skurrilitäten, die ja meist mehr vom wahren Leben verraten. Doch wäre es bestimmt zu wenig, die Geschichte von Ostrin nur von ihrer komischen Seite zu sehen und zu lesen. Das Buch bleibt immer auch ein Spiegel seiner Zeit und der Lebensgeschichte seines Autors. Das Dörfchen Ostrin ist die Welt im Kleinen, ein wenig Lebensmodell und vielleicht auch Überlebensmodell. Das zumindest legt der Untertitel nahe: "Wenn die Welt untergeht, empfiehlt es sich, nach Mecklenburg zu ziehen . . .", heißt es. Im Roman wird dann der Satz komplettiert: " . . . dort passiert alles hundert Jahre später."

Aus der Gegend rund um Ostrin stammt auch eine der politisch mächtigsten Frauen: Angela Merkel. Ihr hat Horst Ewert ein Exemplar seines Romans zugeschickt. Zumindest ein Brief des Dankes erreichte ihn aus dem Bundeskanzleramt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort