Interview mit Poetry-Slammerin Julia Engelmann "Ich bin eine Pop-Philosophin"

Düsseldorf · Die Poetry-Slammerin Julia Engelmann ("Eines Tages, Baby") wurde durch einen Auftritt berühmt, der auf Youtube hochgeladen und millionenfach geklickt wurde. Am Donnerstag tritt sie in Düsseldorf auf.

 "Ich wünsche meiner Generation nichts, sondern einfach jedem Einzelnen, dass er glücklich wird", sagt die Poetry-Slammerin.

"Ich wünsche meiner Generation nichts, sondern einfach jedem Einzelnen, dass er glücklich wird", sagt die Poetry-Slammerin.

Foto: NDR Talk Show

Die 24-Jährige hat Poetry-Slam in Deutschland berühmt gemacht. Nun ist sie mit einer neuen Version ihres erfolgreichen Programms auf Tour. Am Donnerstag, 10. November, um 20 Uhr kommt Julia Engelmann nach Düsseldorf in die Tonhalle. Sie präsentiert eine aktualisierte Fassung ihres Programms "Eines Tages, Baby". Karten gibt es ab 24 Euro hier.

Julia Engelmann, Sie gelten allgemein als "Pop-Poetin". Würden Sie so Ihren Beruf bezeichnen?

Engelmann Gerade bin ich auf jeden Fall Vollzeit-Poetin oder eine Art Pop-Philosophin. Dichterin, könnte man auch sagen, oder Hobby-Philosophin.

Sie wurden im Internet mit einem Video bekannt. Was war seitdem die gravierendste Veränderung in Ihrem Leben?

Engelmann Die allergrößte Veränderung ist, dass das jetzt mein Beruf geworden ist. Als ich angefangen habe mit dem Poetry-Slam, war es für vier, fünf Jahre mein Hobby, und ich hätte nie gedacht, dass ich mein drittes Buch veröffentliche und auf Tournee gehe.

Und das innerhalb einer ziemlich kurzen Zeit, zweieinhalb Jahre ist das jetzt her.

Engelmann Es fühlt sich an, als ob es erst gerade eben war, und dann aber auch, als ob es schon zehn Jahre her ist. Beides gleichzeitig.

Hat es durch den Erfolg auch negative Veränderungen gegeben ?

Engelmann Ich finde nicht. Die Dinge, die jetzt passiert sind, für die habe ich mich entschieden und würde mich auch jederzeit wieder dafür entscheiden.

Wie gehen Sie mit negativer Kritik um?

Engelmann Statistisch gesehen sind ja Meinungen normal verteilt, und es kann mich nicht jeder total super finden. Das würde mich auch skeptisch machen.

Von wem nehmen Sie Kritik an?

Engelmann Meine Familie kennt mich natürlich am längsten und am besten, denen vertraue ich. Meine Mutter ist meine Managerin, mein Papa ist mein Tourmanager. Wir sind ein lyrischer Wanderzirkus.

Sie haben in Ihrer Generation offensichtlich einen Nerv getroffen. Sie fordern junge Menschen auf, ihre Träume zu verwirklichen. Wie würden Sie das Lebensgefühl dieser Generation beschreiben?

Engelmann Wir leben jetzt in einer Zeit, in der wir viele Möglichkeiten haben. Aber bestimmte Fragen, wie "Wer bin ich?" oder "Was macht mich glücklich?", beschäftigen auch alte Menschen. Das verbindet alle.

Funktionieren Ihre Texte also generationsübergreifend?

Engelmann Zu meinen Auftritten kommen viele junge Menschen, aber auch 70-Jährige. Männer und Frauen. Ich schreibe vor allem über mich. Das ist das, was Menschen anspricht, und sie erkennen sich selber wieder. Das ist jedenfalls das Feedback, das ich bekomme. Das Alter ist total egal. Auch für gute Gespräche.

Was würden Sie Ihrer Generation für die Zukunft wünschen?

Engelmann Ich wünsche meiner Generation nichts, sondern einfach jedem Einzelnen, dass er die Freiheit, die er hat, auch erkennt und sich zunutze macht und glücklich wird.

Was ist das Schönste beim Touren?

Engelmann Dass ich das mit meinen Eltern und meinem Bruder erleben kann und ich so wunderbare Fans habe.

Sind Sie nervöser bei einem Poetry-Slam oder einem abendfüllenden Programm?

Engelmann Ein abendfüllendes Programm ist eine andere Verantwortung. Die Leute kommen nur, um mich zu sehen. Bei einem Poetry-Slam wissen sie vielleicht noch gar nichts von mir. Und wollen mich vielleicht auch gar nicht sehen. Wenn sie dann zu meinen Auftritten kommen, bin ich total dankbar. Ich habe gehört, wie schön die Tonhalle ist, und ich bin sehr glücklich, dass ich an so tollen Orten auftreten darf. Das ist alles ein riesiges Wunder.

Haben Sie einen Lebensplan, oder sind Sie eher spontan?

Engelmann Beides. Ich glaube, anders geht es nicht. Ohne Plan ist man unproduktiv. Andererseits kommt alles immer anders, als man denkt. Ich bin ergebnisoffen geworden, was mein Leben angeht, und jederzeit für positive Überraschungen bereit.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Engelmann Ich treffe Menschen, die mir wichtig sind. Ich lese, bastle oder schreibe. Ich mache Yoga oder gehe schwimmen.

(RP)
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