Interview mit Dieter Falk "Ich bin von der politischen Diskussion enttäuscht"

Düsseldorf · Grüne und FDP streiten im Stadtrat mit OB Thomas Geisel um die Professur von Dieter Falk. Wir haben mit dem Düsseldorfer Musik-Produzenten und Komponisten über die Kontroverse und die Düsseldorfer Musikszene gesprochen.

 "Ich bin über die Art und Weise enttäuscht", sagt Dieter Falk über die Debatte.

"Ich bin über die Art und Weise enttäuscht", sagt Dieter Falk über die Debatte.

Foto: Bretz, Andreas

Herr Falk, die Ampel-Kooperation im Rathaus will Ihre Professur an der Robert-Schumann-Hochschule (RSH) nicht mehr finanzieren. Es geht um 50.000 Euro. Sind Sie verärgert, weil vielleicht bald Geld in der Haushaltskasse fehlt?

Dieter Falk Über Geld spricht man ja eigentlich nicht, aber da die Summe im Raum steht, nur soviel: Es geht um eine halbe Stelle. Ein Wegfall von dem, was netto bei mir hängenbleibt, würde mich natürlich nicht ruinieren . Viel wichtiger ist: Ich arbeite gerne mit jungen Musikern und bringe ihnen etwas bei, was sie auf ihren zukünftigen Beruf in der Musikbranche vorbereitet, und mir täten die Studenten hier sehr leid, wenn ich nun komplett an eine andere Hochschule wechsle. Ihnen scheint das Studium bei mir offenbar zu gefallen, ich freue mich sehr über den Rückenwind aus ihren Reihen. Ich bin überhaupt baff, was für Mails, Anrufe und Facebook-Postings ich in den letzten Tagen erhalten habe.

Was erleben Sie da?

Falk Ich habe eben vor dem Sevens geparkt und bin auf dem Weg zu den Schadow Arkaden drei Mal auf der Straße angesprochen worden. Die Leute sagen: Schade, was da mit Ihnen passiert. Ich erhalte Mails aus der ganzen Republik, bekomme Artikel aus Zeitungen überall aus Deutschland zugeschickt. Kollegen bedauern, ich sei in die Mühlen der Politik geraten. Ich finde, da gehöre ich nicht hin und diese ganze Debatte ist nicht von mir gewollt. Wenn jetzt vom "CDU-nahen Dieter Falk" gesprochen wird, frage ich mich: Ist J.S.Bach, ist die Musik politisch? Das ist doch Unsinn. Ich habe deswegen auch überlegt, ob ich mich überhaupt öffentlich äußern soll.

Dennoch können Sie die Debatte nicht ignorieren.

Falk Das stimmt, weil sie mich betrifft und weil viele Menschen vermutlich nicht wissen, was ich an der RSH unterrichte. Es gibt generell viele Arten, Lehrtätigkeiten zu finanzieren, da liegt der Ball nicht in meinem Spielfeld. Ob Stadt, Land oder andere Partner, Stiftungsprofessuren — es gibt da einige Wege. Ich glaube, man muss an einem Standort wissen, wohin möchte man mit dem Thema Musik, auch der Popularmusik, für die ich gerne als Lobbyist eintrete. Die ist schließlich das, was die meisten Menschen hören. Da vollzieht sich ein Gesellschaftswandel, der in vielen Untersuchungen dokumentiert ist - die RP hat ja gerade erst über den NRW-Kulturbericht berichtet.

Wie empfinden Sie die politische Diskussion über die Finanzierung Ihrer Arbeit?

Falk Ich bin über die Art und Weise enttäuscht. Es wird auch deutlich, dass viele Informationslücken bestehen.

Stimmt es, dass Sie andere Angebote von anderen Hochschulen haben?

Falk Ich habe vor einem halben Jahr noch eine weitere halbe Professur an der Evangelischen Popakademie in Witten angenommen. Sollte ich meine Tätigkeit in Düsseldorf beenden, würde man dort gerne sehen, dass ich aufstocke. Es gibt auch das Angebot einer Universität aus einem Nachbarland. Aber eigentlich will ich das alles nicht. Ich fühle mich in Düsseldorf heimisch, lebe hier mit meiner Familie, würde gerne in Düsseldorf weiterarbeiten und auch die Musikszene in der Stadt weiter stärken, indem RSH und städtische Musikszene enger zusammenarbeiten.

Was macht Professor Falk an der RSH konkret?

Falk Ich unterrichte Musikproduktion und gebe zudem Klavier- sowie Arrangementunterricht für die Studiengänge "Musik & Medien" und Kirchenmusik. Ich initiiere auch viele Dinge, die ich selbst als Student nicht durfte: Beim Klavierrecording etwa spiele ich Original-Begleitungen von Billy Joel oder Adele, und die Studenten müssen das so aufnehmen und am Mischpult bearbeiten, dass es sich exakt so anhört wie bei den Stars. Ich stelle einen Gospel-Chor zusammen, den die Studenten auch mal dirigieren müssen. So was macht allen Spaß. Derzeit ist eher Pflichtprogramm angesagt: Bachelorprüfungen abnehmen, rund 30 Prüfungsarbeiten durchhören und mehr als 90 Demoproduktionen filtern für Aufnahmeprüfungen, bei denen ich ebenfalls meist dabei bin. Ansonsten muss man als Professor eigentlich ständig per Mail oder Telefon für Fragen und Probleme ansprechbar sein.

Sie werden als Verlängerung der RSH in die Stadt angesehen. Wie schlägt sich das genau nieder?

Falk Hinzu kommen bei mir viele Sonderaktionen und Tätigkeiten, die mit meiner Vernetzung in Düsseldorf oder der Musikindustrie zu tun haben. Ich nehme Studenten mit ins Studio und zu meinen Live-Produktionen wie "Luther", verschaffe Kontakte zu Plattenfirmen oder vermittle ihnen Auftritte aller Art bei städtischen oder sonstigen Events. Beispiele sind NRW-Tag, Jazz Rally, Orgel-Festival oder das Popmusikalische Quartett im Zakk. Es ist ja das Wichtigste für junge Künstler, dass sie eine Möglichkeit bekommen, sich zu präsentieren. Als neulich das ZDF anrief, um ein Statement zum Urheberrecht zu erhalten, war deswegen auch ein Student der RSH in den Nachrichten zu sehen.

Warum machen Sie das alles?

Falk Natürlich muss man von seiner Profession leben, aber es macht mir auch einfach Spaß. Ich bin gerne in der Musikszene aktiv und versuche ein Musikbotschafter Düsseldorfs zu sein. Das kann die Weihnachtsfeier in Berlin bei Angela Merkel sein, wo ich mit meinen Söhnen mehrfach aufgetreten bin, aber auch das ganztägige Coaching von Bands im Musikbunker am Gatherweg oder "Demo-Checks" im Zakk, übrigens alles ohne Gage. Ich bin im Beirat der Jazz Rally und sitze in den Jurys für den städtischen Musikpreis sowie den Band-Förderpreis und begleite die dortigen Bands auf dem Weg in das Haifischbecken Musikbranche.

Es gibt Stimmen in der Ampel-Kooperation, die sehen Sie als zu kirchennah an und wollen Sie deshalb nicht unterstützen.

Falk Da ist wie beim Politikvorwurf, das hat mit der Lehrtätigkeit nichts zu tun. Ich wüsste aber auch sonst nicht, warum Kirchennähe ein Malus sein sollte.

Sie wollen die Musikszene Düsseldorfs stärken. Wie sehen Sie die denn?

Falk Wir sind auf einem ganz guten Weg, aber die Szene in Köln etwa ist viel aktiver und größer. Die RSH bietet eine gute Plattform, weil sie ein idealer Spielplatz ist für Klassiker, Jazzer, Pop- und Rock-Musiker. Je intensiver sie in der Stadt wahrgenommen werden, desto besser. Es ist auch schade, dass der Wettbewerb Tontalente, der zum Eurovision Song Contest entwickelt wurde, nur 2013 und 2014 stattfand.

Die Entscheidung über Ihre Stelle im Kulturausschuss ist noch einmal verschoben worden. Wie groß ist Ihre Zuversicht, dass es weitergeht?

Falk Da will ich keine Prognose abgeben. Ich danke dem Oberbürgermeister, der sich sehr einsetzt, indem er unter anderem einen Brief ans Land geschrieben hat, um eine Mitfinanzierung zu erreiche.

Sie standen zuletzt mit dem Luther-Poporatorium häufig in der Zeitung. Wie fällt die Zwischenbilanz aus?

Falk Wir haben bislang in drei Monaten 100.000 Zuschauer und sind sehr zufrieden. Eigentlich sollte im Oktober Schluss sein, aber es gibt so viele Nachfragen, dass das nächste Jahr bereits 40 weitere kleinere Aufführungen stattfinden. Es gibt Planungen für eine Luther-Show im Silicon Valley, und gerade kam eine Anfrage aus Brasilien.

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