Ausstellung in Düsseldorf Im Dschungel darf geraucht werden

Düsseldorf · Neun Künstler zeigen in der Kunsthalle Werke zur Gegenwart. "Welcome to the Jungle" ist ab Samstag zu sehen. Darunter eine Installation, die das Rauchen ausdrücklich erwünscht.

 Sprüche, die Halt geben sollen, webt die Künstlerin Liu Shiyan in ihrer Arbeit "This Way or that Way" zu einem riesigen Teppich. Das Ergebnis: Die vermeintlichen Weisheiten laufen gegen die Wand.

Sprüche, die Halt geben sollen, webt die Künstlerin Liu Shiyan in ihrer Arbeit "This Way or that Way" zu einem riesigen Teppich. Das Ergebnis: Die vermeintlichen Weisheiten laufen gegen die Wand.

Foto: Kunsthalle

In der Kunsthalle riecht es nach kaltem Rauch. Die Quelle ist schnell ausgemacht: Haufenweise Pfeifen hängen dort an einer weißen Wand. Einen Menschen sieht man zwar nicht, dafür aber zwei Hände, die in ständiger Bewegung sind. Flink drehen sie erst eine Zigarette, dann stopfen sie Tabak in eine Pfeife. "Wer möchte, darf hier rauchen", sagt Kuratorin Jasmina Merz. Sie deutet auf einen großen Sockel, auf dem sich feiner Staub türmt. "Und das ist der Aschenbecher."

All das gehört zu der Installation "Fumoir" der brasilianischen Künstlerin Laura Lima. Das Rauchen hat in der Kulturgeschichte eine lange, vielfältige Tradition: So sind Pfeifen aus verschiedenen Kulturen und Jahrzehnten zu sehen. Gleichzeitig spielt die Installation mit Normen und Regelwerken, indem sie die Besucher einlädt, im öffentlichen Raum zu rauchen. "Laura Lima ist immer wieder erstaunt, wie wenige Menschen die Möglichkeiten nutzen", erzählt Jasmina Merz, "sie scheinen die Regeln schon verinnerlicht zu haben."

Die performative Installation ist eine der Arbeiten, die ab heute in der Kunsthalle unter dem Titel "Welcome to the Jungle" zu sehen sind. Der Dschungel ist dabei metaphorisch zu verstehen - als ein Ort, in dem die Orientierung verlorengeht und keine vielversprechende Richtung gefunden werden kann. Aber auch als ein Dickicht, in dem massenhafte Informationen, Halbwahrheiten und Paradoxien Fragen aufwerfen, wie man selbst eigentlich leben möchte.

Die Kuratorinnen Jasmina Merz und Anna Lena Seiser haben gemerkt, wie viele Künstler sich mit dieser Thematik beschäftigen, und für die Ausstellung neun junge internationale Künstler ausgewählt. Herausgekommen ist eine große Vielfalt an Arbeiten: Videoinstallationen, ortsspezifische Werke, Performances und raumgreifende Inszenierungen können von Besuchern auf den beiden Etagen der Kunsthalle entdeckt werden. Der deutsche Videokünstler Mario Pfeifer war in Brasilien und zeigt in einem 40-minütigen Film drei verschiedene Glaubensrichtungen in Brasilien. Augenblicklich löst er die Frage danach aus, an was wir heute glauben. Gleich darunter hat Cinthia Marcelle einen Gitterrost ausgelegt; gehen Besucher darüber, treten sie auf Steine - die Gehgewohnheiten werden gestört, der Mensch ins Wanken gebracht.

Um die Installation von Alvaro Urbano zu sehen, muss man einen neuen Raum betreten und steht zunächst in einem Flur. Beklemmend ist die Stimmung, die einen dort empfängt. Ein langer kahler Gang mit schlecht verputzten Wänden, Zigarettenkippen auf dem Boden und ungeöffneten Briefen. Der Flur endet in einem Büro. Papiere liegen dort, eine Pflanze verliert ihre Blätter. Und doch ist nichts so, wie es scheint. Denn Alvaro Urbano spielt mit den Materialien, das Papier ist aus Metall, die Metalltüren aus Papier. Mit der Sinnsuche beschäftigt sich die chinesische Künstlerin Liu Shiyuan, die in Dänemark lebt und ihre Identität hinterfrage. Sie listet in einem großen Teppich Weisheiten auf, die sich als sinnentleerte Sprüche erweisen.

Diskussionen dürfte die Arbeit der Düsseldorfer Künstlerin Kristina Buch auslösen - drei Jahre lang lebte sie mit einem Huhn zusammen. Zugelegt hatte sie es sich zunächst für ein Kunstprojekt, in dessen Anschluss das Huhn als Bouillon mit den Besuchern verspeist werden sollte.

Doch gab es moralische Bedenken, die Ausstellung wurde abgesagt. Verfolgt hat sie das Projekt weiter, wie es ausgegangen ist, ist in ihrer Arbeit "One of the things that baffles me about you is that you remain unmurdered". Auch der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen eröffnet heute in der Kunsthalle die Ausstellung "Boiling Frogs" von der Künstlerin Kasia Fudakowski.

"Welcome to the Jungle" stellt ohne moralischen Fingerzeig Skurrilitäten und Fragen der Gegenwart dar, die manchmal bedrücken, aber auch schmunzeln lassen. "Mit Weltschmerz soll hier niemand hinausgehen", sagt Anna Lena Seiser.

(ubg)
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