Düsseldorf Im Heine-Haus dreht sich alles um die Liebe

Düsseldorf · Buchhändler Rudolf Müller und RP-Redakteur Lothar Schröder lasen aus belletristischen Texten.

 Rudolf Müller (l.) und Lothar Schröder.

Rudolf Müller (l.) und Lothar Schröder.

Foto: Andreas Endermann

Der Lesesaal der Literaturhandlung Müller & Böhm hatte sich zurechtgemacht für einen Abend über die Liebe. Auf der Preistafel für Getränke prangte ein Kreideherz. Eine Beamer-Projektion lockte mit dem, was der Buchmarkt für den Geschmack der Masse hält: "Stürmische Verführung" war im Angebot, ebenso wie "Die süßen Lügen einer Lady" oder "Love Trip - eine heiße Reise". Das sind natürlich keine Titel, die den Buchhändler Rudolf Müller oder den RP-Redakteur Lothar Schröder zu leidenschaftlichem Lesen verlocken. Mit fünf Titeln aus der klassischen und der neueren Belletristik, einer "natürlich komplett willkürlichen Auswahl", trafen sie ihr Publikum im Heine-Haus zum Thema Liebe.

Keine Schundromane also im Angebot der beiden Männer, als sie ihren vorwiegend weiblichen Gästen gegenübersaßen. Für eine Art "Gender Balance" sorgte dann doch die energische Moderation der Hausherrin Selinde Böhm. Mit Judith Hermanns heute erscheinendem Roman "Aller Liebe Anfang", den die beiden Profis durch Vorabexemplare bereits kannten, startete der Abend. Es folgten Cees Noteboom, Christoph Meckel, Tolstoi und Goethe. Hermanns ungewöhnliche Geschichte einer Beziehung von einer Frau zu zwei Männern sorgte im Saal für Irritation. War der zweite Mann ein bedrohlicher Stalker oder ein poetisch gestimmter Verehrer? Oder gar nur eine Projektion der Protagonistin? "Wie geht das aus?", wollte man wissen. Das ging anderen zu weit: "Dann kann ich das Buch nicht mehr lesen."

Etwas sinnlicher wurde der insgesamt spannende Abend erst bei Christoph Meckels Erzählung "Licht", auch eine Dreierbeziehung, bei der ein zufällig gefundener Brief den Geliebten zu einem Gehörnten macht. Alle vorgestellten Liebesgeschichten enden mit dem Tod mindestens einer Person. Was sie deutlich von den anfangs genannten Schmonzetten unterscheidet, die natürlich alle auf ein Happy End zusteuern.

Auf Tolstois "Anna Karenina" folgte Goethes "Werther". Als dieser Liebesglücksüchtige in einem seiner frühen Briefe noch Bäume ausreißen wollte, erinnerte sich Rudolf Müller an sein Lieblings-Liebespaar in der abendländischen Kultur: Philemon und Baucis. Die am Ende ihres Lebens von den Göttern in Bäume verwandelt wurden, damit sie sich nicht trennen mussten. Auch Goethe liebte dieses Paar und gab ihm einen Ehrenplatz im fünften Akt des "Faust II". Wie schön, derzeit im zerzausten Düsseldorf von Eichen und Linden zu hören.

(RP)
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