Düsseldorf Jugendtheater holt die dunkle Seite auf die Bühne

Düsseldorf · Das junge Ensemble des FFT "Only ask Valery" inszeniert das düstere Stück "Morning" von Simon Stephens. Premiere ist am 24. Februar.

 Laoise Lenders (l.) und Greta Behr bei der Probe.

Laoise Lenders (l.) und Greta Behr bei der Probe.

Foto: Klaus Hoffmann

Gleichgültig sitzt Greta auf einer alten Holzkiste. Ihre Augen blicken in den noch menschenleeren Saal des FFT. Auf dem Boden, einige Meter von ihr entfernt, sitzt ihre Spiel-Partnerin Vivian. Ein paar Requisiten stehen herum, sonst gehört die Bühne ganz den Mädchen. "Wirst du ihn wiedersehen?", fragt Greta. "Klar!", antwortet Vivian. "Wann?" - "Heute Abend."

Ein Schlagabtausch, den die beiden noch mal und noch mal wiederholen. So will es Regisseur Michael Stieleke. Eigentlich eine simple Passage, würde man meinen, aber bei genauerem Betrachten liegt in den wenigen Worten viel Interpretationsspielraum - den die jungen Schauspieler nutzen sollen. Stieleke spricht mit ihnen über ihre Rollen, als wären es keine, sondern das eigene Verhalten. Er will, dass sie ihre Figuren verstehen, eins sind mit ihnen und handeln, wie sie es im echten Leben täten. "Sie sollen es schaffen, ehrlich zu sein, das Gefühl so rüberzubringen, wie sie es empfinden", sagt der Regisseur.

Das ist Sinn und Zweck dieser Proben, dieses Stückes, dieses Ensembles - "Jugendliche in ihren Begabungen zu fördern", sagt Stieleke. Schon seit über 30 Jahren ist ihm die Theaterarbeit mit jungen Menschen eine Herzensangelegenheit. "Ich liebe die Arbeit mit Jugendlichen, weil sie einfach so viel Energie, so eine unglaubliche Kraft auf der Bühne haben", sagt der 63-Jährige.

Bislang hat er diese Arbeit, die ihn beseelt, wie er sagt, hauptsächlich als Lehrer am Düsseldorfer Goethe-Gymnasium gemacht. Seit Februar ist er pensioniert und hat Zeit für Aufgaben wie die Leitung dieses Jugendensembles am FFT, das von der Stadt Düsseldorf gefördert wird. "Only ask Valery" heißt die Gruppe. Sie besteht aus erfahrenen und weniger erfahrenen Mitgliedern. Wer Lust auf Theater hat, konnte sich melden. Das Entscheidende war nur, dass die jungen Spieler gut vorbereitet waren. Und das waren sie. "Das zeigt, wie viel Ernsthaftigkeit dahinter steckt", sagt Stieleke. Neun Mitglieder zählt "Only ask Valery". Weit weniger als eine Schultheater-AG. Doch nicht nur das unterscheidet dieses Projekt von einer Schulaufführung. Es ist auch das Stück selbst.

"Morning" nach Simon Stephens ist ein Stück über Gewalt, Einsamkeit und Verzweiflung. Über zwei Mädchen, die die dunkle Seite des Lebens kennengelernt haben. Schwierig umzusetzen für ein Ensemble, dessen Protagonisten zwischen 16 und 23 Jahre alt sind? Nein, meint Stieleke. Zum einen, "weil alle Protagonisten in dem Stück Jugendliche sind", und zum anderen, "weil realistische Figuren gezeichnet werden", sagt er. Das Stück berge ein Gewaltpotenzial, das er auch in der heutigen Jugend sehe. Gemeinsam nähern sie sich der Inszenierung dieses Stückes, lassen es wachsen. "Professionalität ist dabei zwar wichtig, aber es soll auch persönlichkeitsbildend sein", sagt Stieleke.

Und auch wenn das individuelle Spiel gestärkt werden soll, "ist es kein Vorbereitungskurs auf die Schauspielerei", betont er. Trotzdem sehe er sich in der Verantwortung, aufklärend zur Seite zu stehen und das Konstrukt Theater näherzubringen. "Man fördert die Leidenschaft und bespricht Perspektiven", sagt Stieleke. Das ist der Part des Projektes, der auf Langfristigkeit ausgelegt ist. Was aktuell für den Regisseur zählt, ist, "dass die Zuschauer bei der Premiere am 24. Februar sagen: Die haben aber geil gespielt."

(RP)
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