Düsseldorf Klaus Rinkes Klasse gab den Startschuss zum Akademie-Rundgang

Düsseldorf · 1974 platzte die Kunstakademie mit 1200 Studenten räumlich aus allen Nähten. Norbert Kricke war damals Rektor. Zwei Jahre zuvor hatte man Joseph Beuys als Professor rausgeworfen, die neue Generation wollte die Beuys-Fixierung lockern.

 Rinke-Klasse mit Klaus Rinke vorne, dahinter (von rechts nach links): Rainer Zilges, Eva-Maria Schön, Wolfgang Luy, Klaus Jung, Isolde Wawrin, Ulf Rungenhagen.

Rinke-Klasse mit Klaus Rinke vorne, dahinter (von rechts nach links): Rainer Zilges, Eva-Maria Schön, Wolfgang Luy, Klaus Jung, Isolde Wawrin, Ulf Rungenhagen.

Foto: Bernd Jansen

Sehr jung traten Professoren an, die heute Weltstars sind: Klaus Rinke, Günther Uecker, Bernd und Hilla Becher. Wilde Zeiten waren das zweifellos, denn Kunst bot die Plattform zum Agitieren, zum Performen. Kunst war Gesellschaftskritik, Kunst wies neue Wege in ein freies Leben.

Klaus Rinke zog mit seiner ersten Klasse in ein Ausweichquartier an der Karl-Anton-Straße, die zweite Etage wurde zum Arbeits- und Lebensraum, zum Showroom außerdem. Neben dem angesagten Künstler-Kneipendreieck in der Ratinger Straße galt die Adresse als ein Epizentrum der unangepassten Künstler. Günther Uecker machte es wie sein Freund Rinke und bezog mit seiner Klasse wenig später den ersten Stock. Schließlich kam Bernd Becher in die Außenstelle der Akademie. Der Begründer der Düsseldorfer Photoschule arbeitete mit seinen Studierenden im Nebentrakt - direkt über einem Bordell. "Es war eine schräge Ecke hinterm Bahnhof", sagt Ulf Rungenhagen, Rinke-Student der ersten Stunde, "und es war eine schräge Zeit, die sich heute kaum noch jemand vorstellen kann." Man habe miteinander gearbeitet und gelebt, gefeiert, diskutiert, sogar gekocht. Die Rinke-Klasse iniierte mit ihren Ausstellungen auch den Rundgang am Hauptsitz der Akademie, den es seitdem gibt.

Berühmte Künstler gingen ein und aus, man dachte international in jenen Jahren, Bruce Nauman war zu Gast, Dieter Roth, Daniel Buren. Eines Tages stand die junge Marina Abramovic in der Tür und kündigte für den Abend eine Performance mit Ulay an. Das Paar lief von zwei Seiten nackt gegen einen Pfeiler.

In die alten Klassenräume zieht nach mehr als 20 Jahren wieder die Kunst ein, und das ist mehr als eine Reminiszenz. Architekt Piet Neiser hat die Gebäude erworben und Kuratorin Hilli Hassemer beauftragt, Rinkes Studis zusammenzurufen. Alle leben und arbeiten noch. Einer ist Architekt geworden, die anderen werden ab Sonntag (Vernissage: 12 Uhr, Karl-Anton-Straße 16) ihre Werke zeigen. Und sicherlich ein paar alte Geschichten feilbieten.

(RP)
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