Gastrotipp Kulinarische Reise mit Einkaufszettel

Düsseldorf · Das Restaurant S-Raum in den Schwanenhöfen hat ein eigenes Konzept entwickelt. Es servieren die Köche. Sie richten auch an den Tischen an.

 Küchenchef Hagen Wagner tranchiert das Entrecôte am Tisch.

Küchenchef Hagen Wagner tranchiert das Entrecôte am Tisch.

Foto: Andreas Endermann

Marcel Schiefer, ehemaliger Sternekoch, geht gerne neue Wege. So ist er mit seinem gutbürgerlichen Bruderhaus in Hamm erfolgreich. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte wieder auf höherem Niveau kochen. Und das macht er jetzt mit seiner Küchencrew, die im S-Raum nicht nur kocht, sondern auch serviert.

Ein modern eingerichtetes Lokal im Industrial-Style, was zu dem ganzen Ambiente passt, bei dem jedes Detail durchdacht ist. S steht für Essen. Der Gast sollte, ob er nun an den normalen oder an den Hochtischen sitzt, auf jeden Fall Zeit mitbringen. Denn Schiefer und sein Team wollen mit dem Gast auf eine kulinarische Reise gehen. Die besteht aus neun Gängen (kleine Reise/99 Euro) oder zwölf (große Reise/129 Euro). Außerdem grüßt der Chef gerne aus der Küche, und das gleich mehrfach - beispielsweise mit einem Mini-Clubsandwich oder einem asiatisch gewürzten Stückchen vom Oktopus.

Im S-Raum gibt es keine Speisekarten, sondern nur einen Einkaufszettel. Darauf stehen erlesene Zutaten. Aber was draus wird? Der Gast muss sich überraschen lassen. Dieses Konzept kommt gut an - so gut, dass Schiefer nach einer Anlaufzeit im November und Dezember, als er nur am Wochenende geöffnet hatte, jetzt auch dienstags bis donnerstags öffnet.

Noch etwas hat sich seit der Test-Eröffnungsphase geändert. Neben den beiden Reisen gibt es auch Kurztrips: einzelne Gerichte - unter anderem ein 600-Gramm-Entrecôte (49 Euro pro Person mit vielen Beilagen), das am Tisch tranchiert wird.

Das macht aber nicht Restaurantleiter und Sommelier Benjamin Arnswald, der mit Kiefer gemeinsam bei Jean-Claude Bourgueil in die Lehre ging. Arnswald ist mehr fürs Entertainment zuständig. Vielmehr servieren die Köche selbst ihre kulinarischen Köstlichkeiten und erklären, was jetzt auf den Tisch kommt. Nicht alle Gerichte werden auf einem Teller angerichtet. Mal ist es ein Brettchen, mal eine extravagante Schüssel. Die Jakobsmuschel mit Paprika, Staudensellerie und Koriander kommt beispielsweise in einer kleinen hölzernen Kiste zum Gast. Da liegt die geschlossene Muschelschale auf Stroh und erst am Tisch wird der Schalendeckel abgenommen.

Schiefer hat ein Faible für asiatische Aromen. Im S-Raum kombiniert er sie jetzt noch stärker als früher im "Schorn" mit dem Geschirr. Soßen und Jus komplettieren den Teller erst, wenn der Koch sie aus der gusseisernen chinesische Kanne vorsichtig aufschüttet. Wie beim selten angeboten Donau-Wels mit Weinbergschnecken und einer leicht süßlichen Pumpernickelerde. Die Kombination ist perfekt. Sie wird durch die grüne Kressesoße geschmacklich und bildlich vollendet.

Das Tatar vom US-Beef kommt geräuchert daher mit Römersalat, Röstzwiebeln und einem Wachtelei, dessen Dotter wunderbar weich ist. Die Rippchen von Duroc-Schwein nennt Schiefer lapidar "Fingerfood". Die Barbecue-Sauce überrascht, nichts Tomatiges, vielmehr sind die Rippchen in einer süßen Hoisin-Soße eingelegt - und fallen fast vom Knochen, so zart. Statt Besteck kommt ein klassisches Bambuskörbchen, in dem sich heiße Frotteetücher befinden - zum Fingerabputzen. Den Hauptgang, eine saftige Brust vom Schwarzfederhuhn mit selbst gebackenem Zitrone-Thymian-Brot, tranchiert der Chef wieder am Tisch.

Zum Abschluss der Reise das Dessert mit Frischkäse-Eis und einiges vom Granny Smith.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort