Düsseldorf Kunstvolles Mandala aus Obst und Bier
Düsseldorf · Die dritte Nacht der Quadriennale widmete sich an verschiedenen Orten der spektakulären Performance-Kunst.
Die dritte lange Nacht der Düsseldorfer Quadriennale widmete sich - nach Video und Musik - jetzt der Performance-Art; jener Kunstform, bei der die Unterschiede zwischen Theater und bildender Kunst verschwimmen. Eine vielfältige Mixtur also, und entsprechend Vielfältiges wurde geboten.
Im Ehrenhof schuf Stephanie Senge ein Mandala, ursprünglich eine graphische Darstellung von Tempelarchitektur, in deren Mitte die zu verehrende Gottheit ihren Sitz hat. Senges Interpretation zufolge ist das eine Packung Waschmittel, denn sie hat ihr Mandala verweltlicht und zudem aus Nahrungsmitteln zusammengesetzt, die wir täglich einkaufen. Ein Kreis von etwa sechs Metern im Durchmesser entsteht, am äußeren Rand Gemüse, Kohlrabi, Möhren, immer enger werden die Kreise, Toilettenpapier und Baked Beans aus der Dose gehören auch dazu, in der Mitte schließlich Altbier und eben die Packung Persil. Ein recht gewitzter unausgesprochener Kommentar zu unseren Konsumgewohnheiten ist das, noch dazu mit praktischem Nutzen. Denn nachdem das Mandala aufgebaut ist, wird es konstruktiv zerstört, denn Zuschauer können Gemüse, Obst oder eben auch eine Dose Bohnen mitnehmen, derweil aus frischen Zutaten eine schmackhafte Suppe gekocht wird.
Um leibliche Genüsse geht es auch in der wohl skurrilsten Aktion des Abends: Im Foyer des Museum Kunstpalast stellen die Künstler Korpys/Löffler und Dieter Schmal Schnaps her, allerdings aus seltsamen Zutaten. Sie haben ihre Destilliergeräte aufgebaut und brennen tatsächlich einen Branntwein mit dem Aroma der legendären Fettecke von Joseph Beuys, jenem berüchtigten Werk, das in der Kunstakademie entsorgt wurde. Die letzten tatsächlichen Reste dieser Fettecke, also Butter, transformieren die Künstler nun in Alkohol, ein Prozess, der Beuys sicherlich Vergnügen bereitet hätte. Und man kann das Ergebnis tatsächlich kosten. Aber ehrlich - schon der Geruch lässt nichts Gutes ahnen. Und die Degustation eines Tropfens beweist: Die Fettecke von Beuys schmeckt nicht, es sei denn, man mag einen Klaren mit buttrigem Abgang.
Auch aus Yves Kleins blauer Farbe wird etwas destilliert. Aber: "Trinken darf man das nicht. Wir wissen nicht, aus was Klein seine Farbe gewonnen hat." Sehr wohl darf man aber den Schnaps "Himmel und Ähd" probieren, mit den Aromen des rheinischen Traditionsgerichts. Auch für Spezialisten. Im NRW-Forum hielt derweil Agnes Meyer-Brandis eine Performance-Lecture über das Reisen im Weltraum, eine überzeugende Mischung aus Wissenschaft und Kunst. Wer wüsste schon, dass es wohl durchaus ernstgemeinte Experimente zum Verhalten von Gänsen in Schwerelosigkeit gibt. Oder etwa doch nicht? Das Kontrastprogramm lief in der Kunsthalle. Im Rahmen von "Smart New World" präsentierte Xavier Cha ein Tanzstück mit Silas Riener und Rashaun Mitchell, die mit der legendären Choreographin Merce Cunningham zusammengearbeitet haben. "Surveil" ist ein äußert präzises Bewegungsstück, das von größter Körperbeherrschung zeugt und ganz abstrakt auf die Überwachungsmethoden referiert, denen wir uns ausgesetzt sehen.
Ein schöner Abschluss des Abends blieb verwehrt, denn die Performance im Ständehaus fand nicht dort statt, sondern in einer nach Urin stinkenden Unterführung, die vom Rheinufer zur Tonhalle führt. Dort spielte eine Band, die noch auf das Benzin wartete, das per Generator den Strom fürs Konzert lieferte. Da sehnte man sich nach Beuyschen Destillaten zurück.