Düsseldorf Leoparden müssen nicht draußen bleiben

Düsseldorf · Beim Freischwimmer-Festival touren junge Künstler durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Im FFT wird auch eine umstrittene Performance gezeigt.

Es gab in Berlin ein Skandälchen, als dort das Festival zu Gast war. Das Stück der Theatergruppe Kursk kam zur Aufführung, und zwar genau einmal. Vorm zweiten Abend gab es vom Theater, den Sophiensälen, eine kurze Notiz: Vorstellung fällt aus. Erst am Tag darauf sah sich das Haus bemüßigt, doch noch Stellung zu beziehen. Das Stück "Leopardenmorde" habe man "aufgrund künstlerischer Differenzen" vom Spielplan genommen, war zu lesen.

Nun werden in "Leopardenmorde" keine Raubkatzen zur Strecke gebracht, sondern es wird Theater gespielt. Die Zürcher Gruppe wurde mit einer Produktion zum Festival eingeladen, die sich mit dem Kolonialismus auseinandersetzt. Gelesen wird aus einem Romanversuch, den der Großvater - ein später ranghohen Nazi - eines Theatermachers geschrieben hatte. Zwar sei der Ansatz anti-rassistisch, der Umgang mit dem Schriftstück allerdings nicht distanziert genug, kritisierten die Sophiensäle. Die Performance zu streichen war dann gleichfalls von Kritik begleitet: Von einem Fall "politisch korrekter Zensur" schrieb die "Welt". Natürlich habe man über den Vorgang diskutiert, sagt FFT-Dramaturg Christoph Rech. Die Entscheidung habe die Berliner Bühne "aus ihrer Hausautonomie heraus entschieden". In Düsseldorf wird das Stück jedenfalls aufgeführt.

So hielten es auch die anderen am Festival beteiligten Häuser, in Zürich, Wien und Frankfurt wurde "Leopardenmorde" gezeigt, im FFT steht es für den 27. und 28. Januar auf dem Programm. Es wird anlässlich des Freischwimmer-Festivals aufgeführt, das dem Nachwuchs Bühnen geben möchte. Seit Oktober touren fünf Produktionen durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Vom 24. bis 28. Januar sind sie im FFT zu Gast. Aus rund 150 Bewerbungen hätten die beteiligten Theaterhäuser einvernehmlich ausgewählt, erzählt Christoph Rech. Beim neunten Freischwimmer-Festival sind Produktionen von Künstlern gefragt, die erste Erfahrungen vorweisen können und sich bereit fühlen für eine Tournee. "Auf den Künstlern liegt dabei ein gewisser Druck", sagt Rech. Zugleich ist es die Gelegenheit, sich einem internationalen Publikum vorzustellen.

Für die Theaterhäuser ist es Gelegenheit zum Austausch. "Wir erfahren, was junge Künstler in Frankfurt, Berlin oder Wien treiben", sagt Rech. "Das könnten wir als Haus allein gar nicht leisten." Das FFT hat seinerseits die Gruppe The Agency ausgesandt, beim Festivalstopp in Düsseldorf treten sie nun täglich auf. "Love Fiction" heißt die Produktion. Ein "performatives Coaching", sagt Rech. Das klingt, als müsse man für diese Abende offen sein. Das Motto des Festivals lautet "Family Affairs", gemeint ist damit nicht bloß das Verhältnis: Vater, Mutter, Kind. Auch eine Auseinandersetzung mit dem künstlerischen, ästhetischen, politischen Erbe werde darunter verstanden, sagt Rech.

So wie in "Leopardenmorde". Man darf gespannt sein auf dieses Festival.

(kl)
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