Düsseldorf Manuela Uhl fand spät zu Wagner

Düsseldorf · Die 42-jährige Sopranistin singt am Samstag die Partie der Elsa von Brabant in der Premiere der Neuinszenierung von "Lohengrin" in der Rheinoper. Wagners Musik sei ihr lange fremd gewesen.

Was kann aus einem Mädchen vom Bodensee werden, das vom Operngesang träumt und eine "La Traviata"-Platte geschenkt bekommt — als Abschreckung vor dem schweren Beruf? Bei Manuela Uhl hat die Warnung nichts genützt. "Ich war sofort verliebt in die wunderbare Musik", sagt sie. "Deshalb fühlte ich mich erst recht ermutigt, diesen Weg zu gehen." Geradlinig war er nicht. Heute aber feiert die Sopranistin Erfolge in großen Häusern von Lissabon bis Peking. Ihr Stammhaus ist die Deutsche Oper in Berlin, und auch in Düsseldorf gastierte Manuela Uhl schon häufig: "Ich bin ein Mensch, der gerne eine Heimat hat und es schätzt, in eine vertraute Umgebung zurückzukehren."

Ihre Abstecher an den Rhein begannen mit der Senta in "Der fliegende Holländer". 2013 sang sie die Hauptrolle in der außergewöhnlichen Uraufführung "SehnSuchtMeer". Nun war es wiederum Wagner, der sie herlockte — als Elsa von Brabant in "Lohengrin" unter der Regie von Sabine Hartmannshenn. Sie hat die Partie zuvor bereits in Berlin gesungen. "Optisch unterscheiden sich die Inszenierungen klar", sagt sie, "konzeptionell gibt es Ähnlichkeiten. Beide Male wird Elsa aus dem Blickwinkel einer heutigen Frau betrachtet."

Uhl verteidigt die oft als passiv eingestufte Figur. Eine Freundin habe sie gar gefragt, warum sie "diese dumme Kuh" singen wolle, die sich von Ortrud so willfährig manipulieren lasse. "Man muss den Text sehr genau lesen", holt sie aus. "Die Geschichte wirft viele Fragen auf, die ohne Antwort bleiben. Was Elsa im Brautgemach spricht, ist sehr modern, darüber darf man nicht die Nase rümpfen. Sie will Lohengrin nicht bloß anhimmeln, sie will auf einer Stufe mit ihm stehen und sein Vertrauen gewinnen, damit sie ihn beschützen kann. Insofern ist sie eben keine dumme Kuh!" Wagner habe seine großen Helden durchweg scheitern lassen, auch Lohengrin: "Die Frauen dagegen treiben die Handlung voran, sie sind die eigentlichen Heldinnen."

Etliche sind ihr ans Herz gewachsen, obwohl ihr der Komponist lange fremd blieb, "weil die musikalische Erziehung im Elternhaus nach der Klassik endete." Manuela Uhl gilt als Richard-Strauss-Spezialistin und liebt die Leidenschaft der italienischen Opern, "die für die Stimme so gesund sind". Als man ihr in Berlin die Senta antrug, wehrte sie sich zunächst, probierte es dennoch und erlebte eine Wagner-Erleuchtung.

Das "Anschubsen" zieht sich durch ihre gesamte Laufbahn. "Karrieresüchtig war ich nie", versichert die 42-Jährige. Auf den Rat ihrer Eltern studierte Manuela Uhl zunächst Medizin, wechselte dann zur Architektur. Doch nie kriegte sie die Musik aus dem Kopf und begann parallel mit einem Studium in Solo-Gesang. "Das brachte mich kaum weiter", erzählt sie, "ich war unzufrieden mit meiner Stimme." Ihr Mann, ein Journalist und Fernsehmoderator, arrangierte ein Vorsingen bei Donald Runnicles. Der Freiburger Generalmusikdirektor war sich unschlüssig. Aber: Da sei etwas Ungewöhnliches in ihrer Stimme, befand er, etwas, das ihn sehr berühre.

Uhl legte ihr fast fertiges Architektur-Studium auf Eis und ging das Wagnis Oper ein. "Ich hatte das Glück, stets die richtigen Regisseure zu treffen", zieht sie Bilanz. "Sie nehmen mich immer wieder, und ich genieße es, solange es schön ist." Der Gegenpol zum Künstler-Kosmos ist das Dorf an der Ostsee, in dem die Familie mit drei Söhnen lebt: "Dort weiß keiner, dass ich Opernsängerin bin."

(RP)
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