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Düsseldorf Meister Hora für Erwachsene

Düsseldorf · Rüdiger Safranski las in der Kunstsammlung aus seinem Buch über die Zeit.

Ist Rüdiger Safranski ein Meister Hora für Erwachsene? Mit seinem neuen Buch "Zeit. Was sie mit uns macht und was wir aus ihr machen" will der bekannte Philosoph und Bestseller-Autor die Geheimnisse eines Phänomens ergründen, das er selbst so definiert: "Zeit ist die Dauer von Ereignissen. Ohne Ereignisse gibt es keine Zeit." Auf Einladung der Literaturhandlung "Müller & Böhm" begann er seine Lesereise in Düsseldorf.

In Michael Endes Roman "Momo" werden die Menschen um ihre Zeit betrogen. Während sie versuchen, Zeit für später zu sparen, vergessen sie, im Jetzt zu leben. Bei Rüdiger Safranski sieht die Sache naturgemäß ganz anders aus. Wie schon in seinen Büchern über Schiller, Goethe oder die Romantik nimmt er die gesamte Philosophiegeschichte in den Blick, um zu Erkenntnissen zu gelangen.

Das Anfangskapitel heißt "Zeit der Langeweile". Für den Autor ist sie, da stützt er sich auf Martin Heidegger, die "Königspforte zur Zeit". In diesem Zustand der fehlenden Ereignisse kommt die Zeit an sich zum Vorschein. Deshalb sollte man die Langeweile lieben lernen. In einem späteren Kapitel geht es um die Epoche, in der das individuelle Zeitgefühl immer "vermessener" wurde, durch Kalender und Uhren. Die neue Tages- und Stundengenauigkeit galt als sicheres Indiz von Zivilisation. So sehr, dass Daniel Defoe seinen Robinson Crusoe auf der einsamen Insel sofort einen Kalender schnitzen ließ.

Wird der Lebenstakt durch Zeitmessung normiert, dann dominiert das Prinzip der Wirtschaft. Als Gegengewicht plädiert Safranski für die "Verteidigung der Eigenzeit". Gleichzeitig allerdings warnt er davor, dass "die Labyrinthe der Eigenzeit", wenn man in sie eindringt, etwas Irritierendes, auch Verstörendes haben. Denn: "Allein bei sich selbst hält man es auf Dauer nicht aus." Die Naivität, mit der die kleine Momo in Endes Roman ihre Zeit vergehen lässt, kann der Erwachsene nicht mehr absichtsvoll zurückholen. Das Umgehen mit der eigenen Zeit ist für ihn ein elementares Kapitel der Lebenskunst. Dies gelingt, so der Autor, wenn man weiß, welche Zeit man braucht, und wenn man stark genug ist, sich diese Zeit zu nehmen.

Für seine Lesung im gut besuchten Saal der Kunstsammlung nahm sich Rüdiger Safranski, siehe Meister Hora, ziemlich genau eine Stunde Zeit.

(RP)
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