Düsseldorf Morgan Nardi tanzt im FFT gegen den Männerkult

Düsseldorf · Langsam tröpfelt die Musik dem Ende entgegen. "Some Things We Do" ist eines der weniger brachialen aber dennoch verstörenden Stücke der New Yorker Band Swans. Distanziert werden da die Dinge aufgezählt, die wir so tun. Wir arbeiten, wir kriechen, wir versagen, wir ficken, heißt es da mitleidlos. Aber auch: Wir lieben. Da stehen die beiden Akteure verschmitzt vor dem Publikum, 60 Minuten sind sie buchstäblich gegen Wände gerannt, haben ihre Männlichkeit, denn sie sind ja Männer, getestet, um festzustellen: So weit her ist es mit der Männlichkeit nicht.

Morgan Nardi, der Tänzer und Choreograph, nennt das Stück, das er im Forum Freies Theater (FFT) aufführt, sicherheitshalber "Melancholy", damit wir auch gleich wissen, woran wir sind, männliche Melancholie also, die nach großer Anstrengung eintreten kann. Und anstrengen müssen sich die beiden Tänzer, Lin Verleger (Breakdancer) und Manu Kpok, die Nardi in den Ring schickt. Dazu geht es nicht in den Theatersaal der Kammerspiele, sondern in den Raum nebenan. Der sieht aus wie ein Gym, es stehen Sporttaschen herum, da werden im Anzug Bälle geprellt (zum Text der Swans übrigens, und das ist ein schöner Bruch: we eat, we break, we hunt).

Wände und Betonpfeiler sind die Geräte, an denen sich Mann austoben kann. Und doch: wenn Manu Kpok schließlich vom Anzug über die Trainingsklamotten zu High Heels und Minirock wechselt, ahnen wir schon: Das mit dem Mann sein ist auch nicht mehr das, was es einmal war.

Nardi reflektiert über die Geschlechterrollen, er verbindet physisches Theater mit den Pausen, die seine Melancholie braucht. Dazu taucht er die Akteure in fahles, wechselndes Licht und lässt sie zu kreischenden elektronischen Geräuschen agieren. Verleger und Kpok bieten eine beeindruckende physische Leistung, wenn sie die Wände wie ein Katapult nutzen oder einarmige Liegestütze exerzieren.

Doch all das, man kann es aus dem Stück bald herauslesen, bleibt letzten Endes vergeblich, es gibt keine Selbstverständlichkeiten mehr, sondern nur noch Nachdenklichkeit.

Ein starkes Stück um den Männerkult und viel Beifall für alle Beteiligten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort