Düsseldorf Nach Lüpertz' Auszug beginnt das Gerangel ums Ratinger Tor

Düsseldorf · Soll das klassizistische Stadttor künftig als Galerie genutzt werden? Anfang April ist der britische Regiestar Robert Wilson dort Gast.

Man kann wohl von einer prächtigen Zeit im Ratinger Tor sprechen. Trotz des vorbeifließenden Verkehrs herrschte in den lichten Räumen zum Hofgarten hin eine wundervolle Stimmung. Markus Lüpertz residierte dort über Jahre. So leben und arbeiten die wenigen Bohemiens, die es heute noch gibt.

Wer den Maler und Bildhauer besuchte, fand sich in einem kleinen Lüpertz-Museum wieder. Entwürfe für große Plastiken entstanden hier in Klein, unzählige Skizzen und Zeichnungen lagen auf langen Arbeitstischen oder waren an die Wände geheftet. Ein Assistent war im Atelier meist erreichbar, das Fax ratterte. Hielt sich der vielbeschäftigte Künstler in der Landeshauptstadt auf - und das tat er regelmäßig, auch nach seinem Aufbruch in Richtung Berlin — soll er im Ratinger Tor geschlafen haben.

Es gab Menschen, die dem ehemaligen Akademierektor die feine Adresse neideten, in der einstmals Hete Hünermann, Gabriele Henkels Schwester, ihre Galerie betrieb. Nach einem Leerstand bekam Lüpertz von seinem Freund, dem ehemaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin, als Mieter den Zuschlag für das Tor; die Höhe der Miete ist unbekannt. Auch über Erwins Tod 2008 hinaus blieb Lüpertz und betrieb in dem klassizistischen Stadttor von Anfang des 19. Jahrhunderts seine private Geniebude. Der Mietvertrag ist ungekündigt, die oberste von drei Etagen steht noch voll mit seinen Sachen. Doch der Meister ist ausgezogen und in die Stadt seiner Jugend zurückgekehrt. In Rheydt will er seinen rheinischen Anker offenbar wieder werfen.

Beim Photoweekend erhielt man einen Eindruck davon, was demnächst im Tor passieren könnte. Der Kunstverleger Till Breckner hatte die Grande Dame der Fotografie, Katharina Sieverding, dort ausgestellt. Der Zulauf war beträchtlich. Breckner könnte sich vorstellen, das Tor als Ausstellungshaus zu übernehmen. Anfang April stellt er dort Regiestar Robert Wilson und dessen Skizzen vor. Auch Bruno Kehrein, Chef des Grupello-Verlages, soll sein Interesse bekundet haben. Kulturdezernent Hans-Georg Lohe hat den Fall nun auf dem Schreibtisch.

(RP)
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