Düsseldorf Neuland der Romantik

Düsseldorf · Pianist David Fray mit Chopin, Schumann und Brahms zu Gast in der Tonhalle.

Er machte früh Furore mit Klavierwerken von Johann Sebastian Bach und setzte seine Erfolge fort mit Mozart und Schubert. Dass der aus Südfrankreich stammende Pianist David Fray jetzt mit Chopin konzertiert und auch kürzlich erstmalig eine CD mit Stücken des polnisch-französischen Romantikers aufgenommen hat, erweckt den Eindruck einer langsamen Zeitreise - vom frühen 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In der Tonhalle spielte Fray nun neben Chopin die letzte Novelette Robert Schumanns und die Klavier-Fantasien op. 116 von Johannes Brahms.

So klar und plastisch man Fray in der Vergangenheit mit Mozart und delikat mit Schubert erleben konnte, so rätselhaft nüchtern geraten unter seinen Händen nun drei Nocturnes sowie eine Mazurka, das Impromptu Ges-Dur und die Polonaise-Fantasie As-Dur von Chopin. Der 35-jährige Sohn einer französischen Deutschlehrerin und eines Hegel-Forschers bewegt sich in der Romantik behutsam und vorsichtig wie auf unbekanntem Terrain. Chopin-Nocturnes spielt er gradlinig wie Bach-Präludien, sauber und penibel, aber nur wenig freizügig und emotional. Es sind mehr Abendgebete als nächtliche Ausschweifungen und klingen ein bisschen so, als verlese ein deutscher Kaplan einen Liebesbrief von George Sand.

Für pianistische Laszivität steht der französische Musiker nicht unbedingt, doch trotz der strengen Tempi wirkt sein Spiel hoch sensibel. Fray verfügt über einen edlen, samtigen Anschlag und ein feines Piano. Und virtuosen Stellen in der Fantasie-Polonaise ist der Pianist ohnehin vollkommen gewachsen. Technische Schwierigkeiten scheint er nicht zu kennen.

Schumann und Brahms gab es erst nach der Pause, und dieser zweite Konzertteil überzeugte weit mehr. Die Polyphonie in der Novelette op. 21 Nr. 8 fis-Moll befand sich bei dem Bach-Spezialisten Fray in besten Händen, wenn auch hier der leidenschaftliche Charakter nur schwach zum Vorschein kam. Umso markanter klangen die Brahms-Stücke, vor allem das rasante Capriccio d-Moll, und das sanfte Intermezzo E-Dur wurde wiederum zum innigsten lyrischen Moment.

Für den begeisterten Beifall gab es vier Zugaben, darunter Bachs Choralvorspiel "Nun komm' der Heiden Heiland" in der Bearbeitung durch Ferruccio Busoni und die beiden letzten Stücke aus Schumanns "Kinderszenen".

(RP)
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