Düsseldorf Petzinka baut die "Geniebude" um

Düsseldorf · Der neue Rektor der Kunstakademie will einen großflächigen Campus entwickeln und gleichzeitig eine Kulturmeile für Düsseldorf ermöglichen. Für die berühmten Professoren der Vergangenheit denkt er an eine "Hall of Fame".

 Er bringt Struktur und neue Ideen in die Düsseldorfer Kunstakademie: Karl-Heinz Petzinka, im Sommer 2017 als Rektor berufen.

Er bringt Struktur und neue Ideen in die Düsseldorfer Kunstakademie: Karl-Heinz Petzinka, im Sommer 2017 als Rektor berufen.

Foto: andreas Bretz

Man soll ihn nicht fragen, wie die Düsseldorfer Kunstakademie die beste der Welt werden kann. Denn für ihren Rektor Calle (Karl-Heinz) Petzinka, gerade 62 Jahre alt geworden und seit August 2017 im Amt, ist sie das sowieso. Seine Aufgabe sei es, dafür zu sorgen, dass es so bleibt, vorwärts und weiter aufwärts geht mit der seit 1773 bestehenden Künstlerschmiede. Dazu hegt der renommierte Architekt und Professor für Baukunst raumgreifende Pläne. Er will die Lehranstalt ausbauen, einen weitläufigen Campus errichten rund um die beengten Verhältnisse am Eiskellerberg. "Wir platzen aus allen Nähten", sagt er. Er wolle damit nicht nur der Akademie Gutes tun, sondern im gleichen Zug der Stadt bei der Entwicklung der vielfach geforderten Kulturmeile zwischen Ehrenhof und Ständehaus behilflich sein. Genaueres kann er noch nicht verraten.

Dass Nordrhein-Westfalen seit dem Regierungswechsel eine für die Kunst und Hochschulen zuständige Ministerin hat, kommt ihm bei seinen Plänen entgegen. Die parteilose Isabell Pfeiffer-Poensgen sieht er an seiner Seite, mit Ministerpräsident Armin Laschet will er verhandeln, und Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel ist der Kunstakademie wohl gesonnen, setzt auf ihre internationale Strahlkraft.

"Geniebude" hatte Petzinkas Vorvorvorgänger Markus Lüpertz die von großer Freiheit geprägte Lehranstalt für die Kunst-Elite genannt. Ganz im Sinne von Lüpertz will Petzinka größtmögliche Freiheit weiter gewähren. Der Akademie-Umbaumeister sieht sich außerdem als Ermöglicher von großartigen Ideen, von Kunst. Freiheit bedeute auch, die besten Rahmenbedingungen zu schaffen, dass angehende Künstler auf ein eigenes Lebenswerk hinarbeiten können. Die Kollegen nimmt er dazu in die Pflicht, "nur wenn alle 40 Professoren eine Idee haben, dann kann das funktionieren." Die Professoren, so Petzinka, sind gerade in der Kunst Vor- und Leitbild der nachwachsenden Generation.

Dass in der Professorenschaft prominente Künstler vertreten sind, hält der Rektor für sehr wichtig. Namhaften Künstlern wie Mataré, Schwegler, Uecker, Richter, Rinke, Götz, Lüpertz oder Cragg, die von Düsseldorf aus auf ganze Generationen Einfluss genommen haben, will er eine Art "Hall of Fame" einrichten. Die Erinnerung an sie soll gleich im Eingangsbereich präsent sein. Große Namen seien nach außen wichtige Imageträger und nach innen prädestiniert, den Studierenden eine ausgefeilte Werkidee vorzustellen, egal, wie kühn oder extrem diese auch sei.

Das Profil des international aufgestellten Hauses lebt vom Wechsel. Gerade erst hat Petzinka Andreas Gursky, den Starfotografen, und Katharina Grosse, die nicht weniger prominente Malerin, aus dem Professorendienst verabschiedet. Das sei zwar sehr schade, aber neue Kollegen hat er sogleich verpflichtet. Der Maler und Bildhauer Thomas Scheibitz wurde engagiert und die US-Künstlerin Ellen Gallagher, die für Petzinka vor allem wegen ihrer politisierenden Kunst eine Bereicherung des Lehrkörpers darstellt. Seit Joseph Beuys habe es an der Kunstakademie keinen politischen Künstler mehr gegeben. "Wir müssen zeigen, dass wir teilnehmen an unserer Zeit, wir müssen uns zeigen", sagt er. Das Bekenntnis zur Zeitgeschichte sei unbedingt erforderlich. Das Wichtigste ist für Petzinka, dass die Studierenden Ideen entwickeln, Themen finden können, egal, in welcher Form, Technik und Materialität sie diese umsetzen. Nicht zuletzt sollen sie motiviert werden, so dass Freude die Ausbildung begleitet.

Der Rektor weiß: Freude kann man nicht lernen und lehren, aber beim Lernen kann man Freude entwickeln, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Motivation, etwas schaffen zu wollen, muss jeder mitbringen, darf darin aber nicht enttäuscht werden. Er selber habe im Leben erfahren, dass man von großen Vorbildern viel lernen kann, ohne dass man diese hinterher kopieren will. Der Architekt Oswald Ungers war sein stilistischer Ziehvater und Wolfgang Döring sein richtungsweisender Professor an der RWTH Aachen. Döring habe die Studenten das Sehen gelernt, dazu hat er sie regelmäßig in Kunstausstellungen geschickt. Als Architekt hat er vor allem gelernt, aus Ideen mehr als Luftschlösser zu konstruieren, sondern Fakten und Realitäten zu schaffen, in seinem Fall Häuser zu bauen wie das gigantische Stadttor in Düsseldorf, das sein Masterpiece ist.

Mit Petzinka beginnt eine neue Ära an der Kunstakademie, die zuletzt von Krisen und Skandalen durchschüttelt war. Er will nicht zurückblicken. Als Moderator von Prozessen ist er angetreten, auch als Friedensstifter. Die Kollegen sind erleichtert und sagen, er bringe Struktur in die Akademie, die er als Gastprofessor (ab 2002) und Professor (ab 2008) nicht erst neu kennenlernen musste. Empathie unter allen Beteiligten des Lernprozesses ist wichtig, sagt er. Dass er sie aufbringe und einfordere. Man fühlt sich an die 68er-Ideale erinnert, wenn er erzählt, dass jeder Studierende ihn duzen darf, es aber nicht muss. Ab April soll es alle vier Wochen eine Vollversammlung in der Akademie geben, auf der Petzinkas Vorschläge offen diskutiert werden können.

Die erste Idee, die er vorstellen will, ist der umgestaltete Sommerrundgang, auf dem künftig Absolventen ausstellen, etwa 100 Künstler verlassen pro Jahr die Kunstakademie. Kooperationen mit den neuen Museumsdirektoren in Düsseldorf, Felix Krämer im Museum Kunstpalast, und Susanne Gaensheimer in der Kunstsammlung, sind bereits besprochen, zum Teil angelaufen. Sammler und Galeristen sollen verstärkt interessiert werden in eigens dafür eingerichteten Ausstellungen. Auf dem Weg in die für Künstler nicht ganz so rosige Realität des Arbeitslebens ist nichts wichtiger, als beizeiten museale Präsenz zu erwerben, sagt Petzinka. Wie das aussehen kann, wird man bald im Museum Kunstpalast ansehen können, wenn am 9. März das "Rembrandt-Experiment" loslegt. In dieser Schau setzen sich Studierende mit den druckgrafischen Arbeiten Rembrandts auseinander und befragen es auf seine Aktualität.

(RP)
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