Düsseldorf Philosophie auf dem Speiseplan

Düsseldorf · Im Heine-Haus an der Bolkerstraße wurden Literatur und Fingerfood serviert.

Das fand Barbara Oxenfort doch sehr überraschend: "In den zehn Jahren, seitdem das Heine-Haus besteht, hat es noch keinen richtigen Heine-Abend gegeben." Die Sängerin und Chefin des Weinhauses "Tante Anna" war an die Bolkerstraße in der Altstadt gekommen, um das zu ändern.

Im Rahmen einer unterhaltsamen Veranstaltung über "Philosophie und Küche" trug sie eine ganze Reihe musikalisch aufbereiteter HeineTexte vor. Weil sie die Gäste auch mit erlesenem Fingerfood aus ihrem Haus verwöhnte, zeigte sich der Schriftsteller Karl-Heinz Ott von Oxenforts Talentvielfalt beeindruckt: "Sie sind die Einzige von uns, die richtig im Gastronomiegeschäft ist."

Gemeinsam mit dem Germanisten Jochen Hörisch diskutierte der badische Feinschmecker über den "omnivoren" Menschen, den Allesfresser, der sich jetzt immer mehr seinen vegetarischen oder gar veganen Feinden stellen muss. Wie konfliktreich das sein kann, wussten natürlich alle Zuhörer. "Sie gehören also zu den Leuten, die unschuldige Möhren in heißes Wasser werfen", zitierte Ott aus einem Stück des Dramatikers Sam Shephard. Das turbulent geführte Gespräch hatte er mit einem anderen Text eröffnet. In dem Auszug aus "Radetzkymarsch" von Josef Roth ging es um ein Mittagessen im Haus des Bezirkshauptmanns von Trotta, bei dem die Beschreibung von köstlichen Gerichten und streng kontrollierten Tischmanieren eine vergangene Zeit aufleben lässt. Über den Gastgeber heißt es dort: "Er war Spartaner, aber er war auch Österreicher."

Für den Akademiker Hörisch war die vorgetragene Passage Anlass zu einem ausgedehnten Exkurs ins Grundsätzliche. Von der Bibel über Platon und Goethe bis zur Literatur von heute sei ein Grundmotiv in der "communio" zu finden, also dem Zusammensitzen beim Mahl. "Wenn man die Essensszenen aus der Literatur rausnimmt, bleibt nicht mehr viel übrig." Etwas anstrengend waren Hörischs Darlegungen über den Mund als funktionsüberlastete Körperöffnung und die allgegenwärtige Verbindung von erotischer und gaumengesteuerter Lust.

Für Heiterkeit sorgte dann sein Resümee: "Das war mein verzweifelter Versuch, Tiefsinn ins Thema Essen zu bringen." Nicht einigen konnte sich die Runde, ob beim Restaurantbesuch die Musik als Bereicherung oder Störung empfunden wird. Ist wohl Geschmackssache, wie fast alles bei diesem Thema.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Alles Theater
Was es am Düsseldorfer Schauspielhaus zu sehen gibt Alles Theater
Zum Thema
Aus dem Ressort