Düsseldorf Schattenspieler heben die Schwerkraft auf

Düsseldorf · Am Dienstag hat "Shadowland 2" im Capitol Premiere. Wir haben die sehenswerte Tanz- und Musik-Show bereits erlebt.

Der Jubel des Publikums im Berliner Admiralspalast steigert sich, als die Tänzer beim Finale von "Shadowland 2" aus ihren Körpern Symbole formen - das Brandenburger Tor und einen putzigen Bären. Wie bei der Welturaufführung der amerikanischen Show wird es in jedem Tourneeort solche Bezüge geben. Gleich die zweite Station ist das Capitol Theater, wo die einzigartige Mixtur aus Tanz, Akrobatik und Schattenspiel ab kommendem Dienstag gastiert.

"Was können wir für Düsseldorf nehmen?", fragt Produzent Itamar Kubovy am Morgen nach der Berliner Premiere. Also, ganz sicher schon mal die Gehry-Bauten im Hafen. Und dann den markanten Fernsehturm. "Habt Ihr so einen wie am Alexanderplatz?" Nun ja, so ähnlich. Zufrieden macht er sich Notizen. Es bleibt nicht viel mehr Zeit für Experimente beim Schlussbild. Aber daran ist die Truppe gewöhnt.

Sie funktioniert, was ein Einblick in die letzten Proben beeindruckend vorführt, wie eine gut geölte Maschine. Jeder unter den neun Tänzern ist ein zuverlässiges Rädchen im Getriebe. Sie ballen sich zu Knäueln zusammen, türmen sich blitzschnell zu riesigen Landmarken auf, verharren als Empire State Building, Freiheitsstatue, Eiffelturm, werden zu Elefanten, Pferden oder bizarren Vogelwesen. Und lösen sich genau so rasch wieder auf. Sie halten Schablonen ins Licht, wedeln mit Federn, robben über den Boden, alles in atemberaubender Geschwindigkeit. Ganze 75 Minuten lang.

Dieser zusätzliche Reiz des spannenden Spektakels hinter den Kulissen von "Shadowland 2" bleibt den Zuschauern nicht gänzlich verborgen. Geschickt werden die Welten miteinander verwoben. Die große Leinwand mit den Schattenspielen lässt rechts und links Platz genug, um auf das Geschehen dahinter zu linsen. Ab und zu fährt sie nach oben und gibt die Sicht frei, manchmal schlüpfen die Tänzer darunter durch und geben ein Stück der Illusion preis. Momente wie in Zeitlupe, bei denen die Schwerkraft aufgehoben scheint, blenden über zu rasanten Szenen, stets begleitet vom Klangteppich der eigens komponierten Musik. Allerdings soll auch nicht jeder Trick enthüllt werden, zu viel Realität könnte den Zauber verfliegen lassen.

"Wir haben lange überlegt, welche Geschichte wir diesmal erzählen wollen", sagt Itamar Kubovy. Der Welterfolg von "Shadowland" liegt fünf Jahre zurück. Jetzt war die Kreativ-Schmiede Pilobolus bereit zu neuen Abenteuern aus dem Reich der Schatten und zog sich mit dem als Autor neu verpflichteten Steven Banks (Drehbuchschreiber der Serie "SpongeBob SquarePants") in die Wälder Connecticuts zurück. "Es war nicht einfach so, dass ich wie sonst ein Skript ablieferte", berichtet Banks. "Ideen wurden entwickelt, improvisiert, diskutiert, verworfen. An diesem Prozess waren alle beteiligt." Um sich besser in die Akteure einfühlen zu können, nahm der Autor sogar Tanzstunden.

Er ersann Szenen voller Poesie: Ein Schattenspiel zeichnet anrührend die Geschichte eines Liebespaares nach. Andere werfen ein grelles Licht auf die moderne Arbeitswelt und ihre stupiden Abfolgen. Die Routine wird unterbrochen, als just unser Liebespaar in einem Karton ein Vögelchen entdeckt und mit ihm auf eine traumhafte Reise geht. Auch nach Afrika. Man denkt bei diesen Bildern und der eingängigen Musik bisweilen an "König der Löwen". Und erinnert das puschelige Vogelwesen, das auf dünnen Beinen ins Leben stakst, nicht ziemlich stark an ein Pokémon? Jeder kann seiner Fantasie freien Lauf lassen und eigene Assoziationen finden.

Am meisten überwältigen in "Shadowland 2" die kunstvollen Schattenspiele. "Schatten und ihre Wirkung sind uns seit unserer Kindheit vertraut", sagt Produzent Kubovy. "Wir formen mit den Fingern Figuren, werfen sie an die Wand und freuen uns daran. Diesen Effekt haben wir mit brillanter Technik noch weiter perfektioniert, und es ist uns gelungen, eine Multimedia-Show daraus zu machen. Auch Erwachsene brauchen Imagination, nicht nur Kinder."

Die 1971 gegründete Pilobolus-Gruppe wurde über Nacht berühmt, als sie bei der "Oscar"-Verleihung 2007 die nominierten Filme als Schattenspiel darstellte.

"Danach lag das ganze Equipment ungenutzt herum", sagt Itamar Kubovy. "Das fanden wir schade und hatten den Einfall mit der Show, aus der dann ein Welterfolg wurde."

(RP)
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