Düsseldorf So modern ist Malerei

Düsseldorf · Junge Künstler stellt Kit-Chefin Gertraud Peters aus: Vivian Greven, Felix Reinecker, Katja Seib und Astrid Styma.

 Bricht eine Lanze für zeitgenössische Bilder: Gertrud Peters, Chefin im KIT,vor dem Werk "Ecce".

Bricht eine Lanze für zeitgenössische Bilder: Gertrud Peters, Chefin im KIT,vor dem Werk "Ecce".

Foto: Andreas Endermann

Malerei jetzt! Dahinter setzt Gertrud Peters ein Ausrufezeichen. Die Leiterin des jungen Museums "Kunst im Tunnel" (KIT) trotzt dem Trend. "Wenn doch alle die Malerei totreden und behaupten, da komme nichts Neues mehr", sagt sie, "und wenn doch angeblich alles schon gemalt worden, das Genre erschöpft sein soll, dann kann ich nur sagen: Stimmt nicht." Peters tritt an, das zu beweisen, sie, die alle Akademieabsolventen in ihrer Entwicklung kennt und darüber hinaus einen Überblick über die Kunst hat, national wie international.

Vier junge Leute hat sie in ihren Kunsttunnel eingeladen, den unterirdisch angelegten Ausstellungsparcours mit abfallender Rampe. Die Bar im Erdgeschoss beschert dem KIT ständig frisches Publikum. Waren erst wieder die Strandpiraten auf der Promenade unterwegs, gibt es am nächsten Tag 200 Likes mehr auf Facebook. Am Montag kommt ein Ministerstab, der auf NRW-Tourismustour geht, als erstes ins KIT. Das wird sich lohnen. Vier sehr verschieden arbeitende Künstler haben ihre Arbeiten ausgebreitet, der Maler Felix Reinecker und seine drei Kolleginnen Vivian Greven, Katja Seib und Astrid Styma.

Gedanklich liegen sie grundsätzlich auf einer Linie. Um die 30 Jahre alt sind sie, und sie analysieren die Kunstgeschichte, setzen sich mit den Vorbildern bereits vorhandener Malerei auseinander - auch mit unterschiedlichen Bildträgern und Techniken. In einem weiteren Punkt ähneln sie sich. Altersgemäß geht es allen um Standortbestimmung, um Identitätsfindung, eine Betrachtung des Selbst wie des Anderen und um die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die für das Leben im Medienzeitalter eine Rolle spielen.

Diese jungen Maler, das sagt Peters, machen sichtbar, was vorher nicht sichtbar war. Sie nutzen dazu ihre eigenen Erfahrungen und setzen diese - zum Teil auch mit körperlichem Einsatz - um.

Der begehrende Blick auf den Körper ist gesetztes Thema der Malerei, heute ist dieser Blick verstellt durch Pornografie und Körperchirurgie. Dem Verlust der Erotik will Vivian Greven (geb. 1985) entgegenarbeiten, sie erfindet neue Bilder, sucht Farben für Haut, wählt Oberflächen, die den Berührungsinstinkt des Menschen provozieren. Körper, Antlitz, Hand, Symbole kommen vor, schließlich ist ihr stärkstes Bild eine dunkle spiegelnde Fläche, "Ecce" nennt sie diese den Voyeurismus bedienende Arbeit, in dem das Motiv das Selbst und alles andere auch sein kann.

Ganz andere Frauenbilduntersuchungen liefert Katja Seib (geb. 1989). Sogar auf Teppichen bringt sie ihre punkig-provokanten farbfreudigen Frauenfiguren auf. Malerisch virtuos verschmilzt sie Figuration mit Abstraktion. Und immer sendet sie subversive Botschaften: in "Slotmachine" oder "Girl leaving a hostship Party Secretly".

Still, kühl und leiser geht dagegen Astrid Styma (geb. 1988) mit Untersuchungen der Objektoberfläche, der Räumlichkeit vor. Der Gegenstand entsteht bei ihr in einem langen Prozess und wird zu einem mit Gefühlen aufgeladenen Gegenüber - vielleicht zu einem Alter Ego.

Felix Reinecker (geb. 1985) malt Filme, die auf Kohlezeichnungen basieren. Ein Motiv setzt er ans nächste, und er erzählt Geschichten. Er steht sich selbst Modell, das ihn und vielleicht auch die Betrachter zu den verborgenen Quellen des Seins führt. Eindringlich ist das.

Von allen Arbeiten geht Energie aus, auch Entschlossenheit. Malerei ist, wie man sieht, doch eine bereichernde Möglichkeit der Moderne.

(RP)
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