Poetry-Slammer Tobi Katze Ein lustiger Vogel berichtet über seine Depressionen

Düsseldorf · Keine Angst, es geht hier nicht um Selbsttherapie, und schon gar nicht sollte man aus Mitleid ins Zakk kommen, wenn dort heute Abend der Poetry-Slammer Tobi Katze Depressionen zum Thema einer Stand-up-Show macht. Aufklärung ist sein Ziel, aber möglichst unbemerkt, als positiver Nebeneffekt guter Unterhaltung.

 Kabarettist und Bestseller-Autor Tobi Rauh.

Kabarettist und Bestseller-Autor Tobi Rauh.

Foto: Verlag

Das schwor sich Tobias Rauh, der Mensch hinter der Bühnenfigur Tobi Katze, nach dem Suizid einer ebenfalls depressiven guten Freundin über Weihnachten 2013. Als der Schock des heute 34-Jährigen zu Wut geworden war, schwor er sich, der Welt einzubimsen, dass Depressionen eine gefährliche Krankheit sind, die nichts, aber auch gar nichts damit zu tun hat, dass man "mal traurig ist".

Also reservierte er sich die Internetadresse www.dasgegenteilvontraurig.wordpress.com und textete mit dem Zorn des Gerechten: "Ich habe noch nie erlebt, dass sich jemand neben einen Querschnittsgelähmten im Rollstuhl kniete, ihm tief in die Augen sah und sagte: ,Komm. Ich sitz auch mal ganz gerne rum. Aber jetzt reiß dich mal zusammen und geh ne Runde um den Block. Was meinste?'" Das saß nicht nur (wie ein Rollstuhlfahrer), es traf auch einen Nerv. Und wie.

Eine Woche nach diesem ersten Eintrag zog das Blog zu stern.de um. Die rund 50 dort bislang erschienenen Beiträge sind insgesamt mehr als eine Million Mal angeklickt worden. Vor einem Jahr dann kam eine weitere Mail, die Rauh zunächst für Spam oder einen Scherz hielt. Diesmal ging es nicht nur darum, sein privates Blog mit dem Logo einer bekannten Medienmarke zu versehen; der Rowohlt-Verlag bat ihn, ein Buch zu schreiben über das einzige Thema, das Rauh noch nicht als Thema in Betracht gezogen hatte: "Ich wollte Menschen, die mit Depressionen nicht in Berührung kommen, nahebringen, wie sich das anfühlt, statt mich bloß auszukotzen." Ursachen und medizinische Hintergründe müssten andere erklären, die Details seiner eigenen Depression sieht er als Privatsache.

"Morgen ist leider auch noch ein Tag" liegt inzwischen in der siebten Auflage vor. Mit dem in Ich-Form verfassten Buch über einen fiktiven Depressions-Patienten, aus dem Rauh heute Abend auch Passagen vorträgt, ist ihm das Unmögliche gelungen. Es ist spielerisch tabulos, unterhaltsam informativ, klug amüsant. Und beklemmend: "Fehler und Unzulänglichkeiten wuchern über Gesicht und Haare und Körper wie ein schwarzer Pilz, der mich überwuchert", heißt es da. Rauh schafft es, den Leser verstehen zu lassen, wie das ist, wenn "aus dem Nichts die Lethargie ins Sichtfeld springt, mit den Ellenbogen zuerst" und das Selbstwertgefühl einen "schon morgens fragt, ob ich überhaupt in den Spiegel schauen will, weil es den Anblick kaum erträgt".

Die Botschaft, die Rauh transportieren will, könnte auf den ersten Blick kaum simpler sein: "Schließt nicht von euch auf andere." Das größte Problem im Umgang mit psychischen Erkrankungen sei, dass Menschen ihren eigenen Geisteszustand zum Maßstab machten: "'Zusammenreißen!' mag nur gut gemeint sein - aber es könnte eben nicht falscher sein." Das will einem nicht leicht in den Kopf. "Aber wenn es nur einen Einzigen zum Umdenken bewegt, hat es sich gelohnt."

Info "Morgen ist leider auch noch ein Tag" - Stand-up-Show und Lesung, heute, 20 Uhr, Zakk, Fichtenstraße 40

(tojo)
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