Düsseldorf "Unsinnspoesie" im Heine Haus

Düsseldorf · Beim Poesiefest lesen Altmeister Alfred Brendel und eine Nachwuchspoetin.

Düsseldorf: "Unsinnspoesie" im Heine Haus
Foto: Peter Susewind

Einen Ohnmachtsanfall hat es schon gegeben, als der Altmeister zum ersten Mal in der Stadt vorlas. Vor etwa 15 Jahren war das, als der große Pianist Alfred Brendel im Heine Haus seinen ersten Gedichtband präsentierte. Damals im alten Lesesaal, erinnert sich Selinde Böhm von der Literaturhandlung, verlor eine Frau das Bewusstsein. Weniger wegen der persönlichen, überbordenden Faszination für Brendel als vielmehr, weil der kleine Saal so überlaufen war von Fans.

Bereits damals war die Buchhandlung das Herz, das Zentrum aller Mühen rund um die Literatur in Düsseldorf. Mittlerweile ist sie auf der Bolkerstraße im Geburtshaus von Heinrich Heine zu finden. Jetzt passen gut 150 Zuschauer in den Vortragssaal. Und so viele werden es am Montagabend sicher wieder werden, denn Alfred Brendel kommt zum Poesiefest. Der 85-Jährige bringt sein neuestes Werk mit nach Düsseldorf - und schon jetzt sind nur noch Restkarten an der Abendkasse erhältlich. Natürlich steht das Fest im Heine Haus wieder unter einem Motto. "Unsinnspoesie" lautet das, und es meint die Art von Poesie, deren einziger Sinn im Spiel und Klang der Worte selbst besteht. Es passt in das Jahr 2016, in dem das 100-jährige Bestehen des Dadaismus gefeiert wird, dem größten Unsinn der Kunst.

So einen Star wie Alfred Brendel, weltbekannter Pianist und Musik-Literat, nach Düsseldorf zu holen, ist viel Arbeit und bedarf eines Netzwerks, sagt Selinde Böhm. Dass er jetzt kommt und vor allem zu diesem Motto perfekt passt, ist ein Zufall, der diese jahrelange Arbeit belohnt: Anfang des Jahres veröffentlichte Brendel "Music, Sense and Nonsense" - "Musik, Sinn und Unsinn". Für das Neue in der Königsklasse der Literatur steht beim Poesiefest ein Name: Julia Trompeter. Die Nachwuchsliteratin erhält für ihr Buch "Zum Begreifen nah" am Sonntag den ersten Düsseldorfer "PoesieDebütPreis". FAZ-Redakteur Hubert Spiegel ist Jury-Mitglie und nennt gute Gründe für die Wahl von Trompeter: "Ihre Beobachtungsgabe, sprachschöpferische Lust und Musikalität gehen in ihren Gedichten fruchtbare Verbindungen ein." Diese Rezension zu lesen, macht schon Lust auf mehr. Noch schöner wird es wohl sein, Julia Trompeter bei der Matinee im Heine Haus ab 12 Uhr zuzuhören (Eintritt acht Euro). Das Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein mit den Sängern Eva Bodorová und Roman Hoza sowie der Schauspieler Rudolf Kowalski und Buchhändler Rudolf Müller werden dann auch da sein. Weil Poesie aber auch Fantasie, Kreativität und Unbeschwertheit ist, gibt es auch das Kinderpoesiefest mit Kinderbuchautorin Rotraut Berner und Literaturwissenschaftlerin Christine Knödler. Gebastelt, gemalt und gedichtet wird am Samstag von 14 bis 16 Uhr in der Deutschen Oper am Rhein.

"Die Stadttiere sind unter uns!", rufen dann die verkleideten Acht- bis Zwölfjährigen, die sich in die Welt der Tiere träumen. Ab Samstag bieten das Heine Haus und die Deutsche Oper am Rhein wieder drei Tage lang Zeit und Raum für reichlich schönen Unsinn.

(ball)
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