Düsseldorf Was aus Düsseldorfer Punks geworden ist

Düsseldorf · Michael Fehrenschild und Gerti Keller haben einen Interview-Band herausgebracht: "No Future?" - Gespräche mit Protagonisten der Punk-Szene, die in Düsseldorf besonders stark war. Einige geben nach wie vor Konzerte.

 Trini Trimpop, früherer Schlagzeuger der Toten Hosen - ein Foto aus dem Band "No Future?".

Trini Trimpop, früherer Schlagzeuger der Toten Hosen - ein Foto aus dem Band "No Future?".

Foto: Dominik Pietsch

Im heißen Sommer 1977 erschien in England eine Single, die für Furore sorgte. "God Save the Queen" hieß der Song der Punk-Band Sex Pistols, und er enthielt die notorischen Zeilen "There is no future in England's dreaming". Es gibt keine Zukunft für Englands Träume also, aber schnell wurde "No future" als Schlagwort für die gesamte Bewegung geläufig. Die Welle schwappte auch nach Deutschland, und wer Teil einer Jugendbewegung sein wollte, traf sich in Hamburg, Berlin oder im Epizentrum der neuen Klänge, dem "Ratinger Hof" in Düsseldorf.

Mehr als 30 Jahre später begeben sich die Autoren Michael Fehrenschild und Gerti Keller mit dem Fotografen Dominik Pietsch auf Spurensuche. Was ist eigentlich aus den Protagonisten der Szene geworden?

"No Future?", mit bewusst gesetztem Fragezeichen, versammelt "36 Interviews zum Punk", wie es auf dem Cover heißt, und es ist ein bemerkenswertes Buch geworden, vielleicht eines der erhellendsten und teilweise auch ernüchterndsten Dokumente über ein Leben mit Musik. "Die Interviews zeigen Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten der ehemaligen Rebellen auf, deren Eltern vom Krieg geprägt waren und Ivan Rebroff und James Last hörten", so heißt es zur Einführung.

Dazu passt ein Zitat, das Winston Churchill zugeschrieben wird: "Wer mit 20 kein Revolutionär ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch einer ist, keinen Verstand."

Wie sieht es also aus mit den Punks von damals, die jetzt so um die 50 sind? Hängen sie noch immer den alten Zeiten nach, rebellieren sie noch immer? Die Antworten sind vielschichtig. Da gibt es einige, die man in solch einem Buch gar nicht erwartet hätte - wie den einstigen Mitarbeiter von Harald Schmidt, Manuel Andrack, der heute im Fernsehen Wandertipps gibt.

Es gibt aber auch eine der wichtigsten Figuren der Düsseldorfer (und deutschen) Punk-Szene: Peter Hein, der zuerst mit Charley's Girls, später mit Mittagspause und schließlich mit den Fehlfarben Geschichte schrieb. Er lebt mittlerweile in Wien, und wer sich Illusionen über die Einkünfte gemacht hat, die er mit der Musik erzielte, wird schnell eines Besseren belehrt. Immerhin aber macht er mit den Fehlfarben weiterhin Musik und gibt Konzerte. Geblieben ist ihm und vielen anderen, denen man hier begegnet, jedoch eine kritische Haltung. Illusionen machen sie sich nicht. "Da schlägt auch das Rheinische durch, et kütt, wie et kütt", sagt Hein. Auch Hack Mack Jackson geben nach wie vor Konzerte und nehmen Schallplatten auf.

Wie kam die Offenheit bei den Interviews zustande? "Wir haben viele Erfahrungen mit solchen Gesprächen", erklärt Fehrenschild, "und wir haben unseren Gesprächspartnern die Wahl des Ortes überlassen. So entstand eine entspannte Atmosphäre."

Die sieht man auch in den sensiblen Portraits von Dominik Pietsch. "Ein gut getimtes Leben", schrieb Tony Wilson, der Chef des englischen Labels Factory, über die Generation der Sex Pistols und Joy Division. Dieses Leben mag einigen übel mitgespielt haben.

"No Future?" vermittelt jedoch eine Generation von Individualisten, es ist ein fast philosophisches Buch geworden, das verschiedene Lebenslinien zeigt, ob man nun Country Punk macht wie Andrew Uhleman von Hack Mack Jackson oder Schlagzeug bei den Toten Hosen gespielt hat wie Trini Trimpop. Der macht heute Filme und hat 2011 auch einen Roman veröffentlicht: "Exzess all areas". Es geht um Sex.

(RP)
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