Düsseldorf Weimar, Frankfurt, Düsseldorf

Düsseldorf · Die Kippenberg-Stiftung antwortet auf die Frage von Oberbürgermeister Thomas Geisel, was Goethe mit der Stadt zu tun habe.

 Leiter Christof Wingertszahn vor dem Goethe-Museum.

Leiter Christof Wingertszahn vor dem Goethe-Museum.

Foto: Endermann

Dass in Düsseldorf eine Debatte um Goethe entbrannt ist, scheint auf den ersten Blick eine lobenswerte Sache zu sein. Würde das immerhin beweisen, dass der deutsche Dichterfürst und Universalgeist der Stadt noch diskussionswürdig und auf jeden Fall nicht gleichgültig ist. Aber so romantisch ist der Gesprächsbedarf dann doch nicht, seit Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) unlängst auf einer RP-Veranstaltung mehr kulturelles Profil für die Stadt forderte und fragte, was denn Goethe - im Gegensatz zu Heine, Schumann und der Zero-Kunst - mit Düsseldorf zu tun habe. Goethe-Museum und Sammlung gelangten so auf eine Art Liste bedrohter Kulturinstitute.

Dort aber steht es nicht nur nach Meinung von Literaturfreunden zu Unrecht. So entbehren alle Überlegungen zur weiteren Existenz wie auch zum Standort des Goethe-Museums jeder rechtlichen Grundlage. Denn: "Das Goethe-Museum ist gar kein Museum der Stadt", so Professor Winfried Tilmann, der Jurist und Kuratoriumsvorsitzender der Kippenberg-Stiftung ist. Die Sonderstellung des Goethe-Museums ist eng verbunden mit dieser Stiftung. Deren Kapital hat zwei Pfeiler. Da ist zum einem die vom früheren Insel-Verlagschef Anton Kippenberg (1874-1950) begonnene Sammlung - die heute nach Weimar und Frankfurt als drittgrößte Goethe-Sammlung gilt. Zum anderen ist es der gesicherte Anspruch, dass die Sammlung im Schloss Jägerhof untergebracht wird. Dieser Vertrag wurde zwischen den Kippenberg-Erbinnen und der Stadt im Februar 1953 geschlossen. Wie Tilmann gestern im RP-Gespräch betonte, ist dieser Vertrag von der Stadt gar nicht kündbar, weil er die Grundlage der Stiftung ist. "Das Goethe-Museum ist daher mit der Stiftung identisch."

Das mag sich in der jetzigen Situation nach einer vielleicht ungünstigen Verhandlung anhören, die die Stadtväter Anfang der 50er Jahre führten. Doch wurde Düsseldorf dank der Sammlung - die damals schon 25 000 Exponate umfasste und bei Kriegsende aus Leipzig nach Marburg geschafft worden war - plötzlich auch eine Goethe-Stadt.

Sicher, Goethe hatte Düsseldorf 1774 auch besucht und hernach manch Löbliches über die Visite zu Papier gebracht: "Wir gelangten nach Düsseldorf und von da nach Pempelfort, dem angenehmsten und heitersten Aufenthalt . . ." Doch Goethe war viel gereist und hatte vielerorts zitierfähige Hinweise hinterlassen. Genau diese lockere Verbindung aber ist für Düsseldorf eine Chance: Das Goethe-Museum steht somit nicht im Zwang, nur auf Lokalkolorit zu setzen, sondern kann den Dichter als Literatureuropäer und Revolutionär des Geistes dienstbar machen, der die Wissenschaften und die Autoren bis heute inspiriert und beflügelt.

Dass dies trotz neuen Programms von Jazz bis Theater derzeit nur bedingt möglich ist, liegt am Zustand des Hauses. Schloss Jägerhof ist bekanntermaßen sanierungsbedürftig. Vor allem der Schimmelbefall im Keller, in dem bis zu ihrer Evakuierung noch die Handschriften Goethes lagerten, muss kurzfristig behoben werden. Sonst bleibt auch die Arbeit der Wissenschaftler immens beeinträchtigt, sagt Christof Wingertszahn, Leiter des Goethe-Museums. Nach bisheriger Planung sollen die Renovierungsarbeiten in Höhe von gut drei Millionen Euro 2017 abgeschlossen sein. Damit verzögert sich auch die Einrichtung eines Museumcafés, das für das Erdgeschoss geplant ist und als Kommunikationsort dienen soll.

Das Goethe-Museum als Baustelle mag die Überlegungen einer Neuausrichtung der Museumslandschaft befördert haben. Hinzu kommt der zugesicherte städtische Ankaufsetat fürs Goethe-Museum - Jahr für Jahr in Höhe von über 80 000 Euro. Düsseldorf hat in den gut sechs Jahrzehnten ordentlich in die Sammlung reingebuttert, deren Wert heute auf etwa 50 Millionen Euro geschätzt wird.

Auch der Ankaufsetat hat immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen Stadt und Goethe-Museum geführt. Zuletzt im Wahlkampf 2014. Doch es gab damals einen vehementen Goethe-Fürsprecher: "Offensichtlich schlittert die Stadt hier wieder in einen Rechtsstreit, der absolut vermeidbar ist. Ein bestehender Vertrag mit einer Stiftung muss natürlich berücksichtigt werden", sagte Thomas Geisel im Mai des vergangenen Jahres, damals noch Oberbürgermeisterkandidat.

Jetzt hat die Stiftung den OB zu einem Klärungsgespräch eingeladen.

(RP)
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