Düsseldorf Wenn der Mann am Klavier den Dirigenten ersetzt

Düsseldorf · So richtig will man nicht glauben, dass Felix Mendelssohn Bartholdy gerade mal 14 Jahre alt war, als er seinen Sinfoniesatz c-moll komponierte. Dabei ist das Werk durchaus hörenswert, wie in der eindrucksvollen Wiedergabe durch die Academy of St. Martin in the Fields zu hören war. Das renommierte Kammerorchester erinnerte in der gut besetzten Tonhalle mit markant gespielten Rhythmen in der langsamen Einleitung und mit kraftvollen Bogenstrichen im schnellen Satz an ein barockes Ensemble. Zu Recht, denn der Bach-Kenner Mendelssohn orientierte sich noch deutlich an barocken Vorbildern. Die reine Streicherbesetzung spielte hier noch ohne Dirigenten, das sichere Zusammenspiel garantierte Konzertmeister Tomo Keller.

Auch Mozarts neuntes Klavierkonzert "Jeunehomme" (Es-Dur KV 271) - als Beitrag zum Mozart-Zyklus in der Tonhalle - lief problemlos ohne Dirigenten. Jetzt leitete Murray Perahia als Solist das Orchester vom Klavier aus. Grazil und doch mit Sinn für Tiefe musizierten Solist und Orchester den ersten Satz, dunkel getönt erklang das Andantino. Mit souveräner Leichtigkeit spielte Perahia die Kadenzen, schlackenlos gelangen die perlenden Läufe. Die Streicherbesetzung, abgestuft von neun ersten Geigen bis zu vier Celli und drei Kontrabässen, entsprach der eines großen Kammer- oder eines kleinen Sinfonieorchesters. Das war im ersten Teil für Mendelssohn und Mozart eine Ideal-Besetzung. Für den zweiten Teil - mit Robert Schumanns zweiter Sinfonie - hätte man sich aber doch einige Streicherpulte mehr gewünscht. Vor allem am Beginn klangen die Bläser gegenüber den Streichern zu dominant.

Überhaupt hätte man sich den Streicherklang noch satter vorstellen können. Das lag weder an der Qualität der Musiker noch an Murray Perahia, der jetzt als Dirigent vor dem Orchester stand. Das war lediglich auf die Anzahl der Streicher zurückzuführen. So war ein in der Tendenz eher kammermusikalischer als großer symphonischer Klang zu hören. Darin lag aber auch ein Vorteil. Die Interpretation blieb transparent, frei von allem Schwülstigen. Fabelhaft spritzig brillierten die Geigen im Scherzo. Sowohl die Streicher wie der Solo-Oboist spielten im Adagio beachtlich ausdrucksstark. Dirigent und Orchester stellten vorzüglich das stürmisch nach vorn Drängende des Werkes heraus. Auch als Beitrag zum Schumannfest fand dieses Heinersdorff-Meisterkonzert viel Anklang beim Publikum. Daran ließ der lange, herzliche Beifall keinen Zweifel aufkommen.

(RP)
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