Düsseldorf Wie aus der "Haymlichkeit" die Toilette wurde

Düsseldorf · Früher war auch die private Toilette öffentlich. Während die Latrine - ein Abort, der von mehreren Personen gleichzeitig benutzt werden kann - bei den Römern noch als gesellschaftlicher Treffpunkt für Diskussionen diente, hat sich das sogenannte stille Örtchen in den Jahrhunderten danach zu einem Rückzugsort jedes Einzelnen entwickelt. "Schon die verschiedenen Bezeichnungen für die Toilette zeugen von der Scham und dem Wunsch nach Alleinsein, die mit ihr verbunden sind", sagte Friedrich Moll, Urologe an der Universität Köln, bei einem Vortrag im Stadtmuseum anlässlich der Ausstellung "Gesundheit in der Stadt": "Ort des Rückzugs", "Haymlichkeit" und "Gemacht" seien nur wenige der Begriffe, mit denen die Toilette im Laufe der Geschichte definiert wurde.

Dabei sollte dem Menschen die Toilette eines eigentlich nicht sein: peinlich. Schließlich haben sie und das den Untergrund jeder Stadt durchziehende, tausende Kilometer lange Abwassersystem erheblich zur Gesundheit der Gesellschaft beigetragen. "Infektionskrankheiten wie Cholera gab es auch in Deutschland noch bis ins 20. Jahrhundert", so Moll. Erst seitdem das heutige System etabliert sei, hätten derartige Epidemien ausgerottet werden können.

Doch was in der westlichen Welt nun schon seit mehr als 100 Jahren Standard ist, gilt noch lange nicht für den Rest der Welt. Auch heute noch müssen rund 40 Prozent der Weltbevölkerung ohne hygienische Sanitäreinrichtungen auskommen. Die Konsequenzen davon zeigen sich nicht nur in Durchfall-, Infektionserkrankungen und Wurmbefall sondern auch in einem Mangel an sauberen Trinkwasserreserven, was wiederum sozio-ökonomische Folgen nach sich ziehen kann. Um dieses globale Problem langfristig zu lösen, haben die Vereinten Nationen im Jahr 2013 den 19. November zum Welttoilettentag erklärt.

Zwar spielt der Aspekt der Hygiene laut Moll eine bedeutende Rolle, doch die Toilette sei auch in der heutigen Gesellschaft noch weit mehr als ein Ort der Entledigung körperlicher Abfallprodukte. "Die Toilette ist ein Kommunikationsraum", so der Urologe. Klokritzeleien an den Kabinen etwa machten sie zu einem Ort der Kunst. Und - wie schon bei den Römern - gleichzeitig auch zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt. "Die Toilette gehört zur Kulturgeschichte des Menschen", so Moll.

(sno)
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