Düsseldorf Wie ein Violoncello den Sinnen schmeichelt

Düsseldorf · Die Academy of St. Martin in the Fields gastierte mit Beethoven und Brahms in der Tonhalle. Solist Steven Isserlis überwältigte.

 Steven Isserlis aus London spielte Cello in der Tonhalle.

Steven Isserlis aus London spielte Cello in der Tonhalle.

Foto: Satos Aoyagi

Steven Isserlis darf als der Softie unter den weltberühmten Cellisten gelten. Sein Ton kommt auf samtenen Pfoten daher, streicht genüsslich ums Ohr, rollt sich endlich kuschelig und weich im Herz der Zuhörer ein. Der charismatische Brite mit der fulminanten Lockenmähne ist der eine Protagonist beim Gastspiel der Academy of St. Martin in the Fields in der Tonhalle. Sein Mitstreiter und Widerpart ist Joshua Bell, seines Zeichens Geiger von Weltruf und Nachfolger von Sir Neville Marriner als Leiter des Exklusiv-Klangkörpers von der Insel. Man hatte Brahms' Doppelkonzert mitgebracht, Beethovens Achte und als Entrée Dvořáks "Waldesruhe".

Gleich hier gerät Isserlis' schmeichelnder Ton zur vollen Blüte, weit und sanft spannt er die böhmische Kantilene, dass es die Sinne wärmt. Gleichwohl wird das Ohr gewahr, dass Isserlis' Spiel die Kraft der Attacke, das metallische Strahlen übers volle Orchester abgeht - im Forte wird das Solocello ununterscheidbar Teil des Gesamtklangs. Und so ergeht es der Cellostimme auch im finalen Doppelkonzert, diesem wunderbaren, einzigartigen, epochalen Spätwerk der deutschen Romantik.

Die Musikalität jedoch, mit der die beiden Solisten die Tonhalle erfüllen, ist einzigartig. Selten hat man solch lebendiges musikalisches Pass-Spiel erlebt, derart end- und bruchlos sich windende Girlanden bewundern dürfen, wie sie Isserlis/Bell mit Brahms wie karnevaleske Luftschlangen ins Publikum werfen. Bells Ton ist direkter, weniger fein, aber ungemein strahlend. Allerdings rinnt dem Geiger der Schweiß vom Haupt angesichts der Doppelbelastung, neben dem anspruchsvollen Solopart auch noch die Academy durch die Partitur lenken zu müssen. Man ist ein wenig bang, ob auch alles gelingt.

Das sieht bei Ludwig van Beethovens Achter ganz anders aus. Bell sitzt am Konzertmeisterpult, braucht kaum mehr als kräftig mit dem Oberkörper zu pendeln, damit seine Mitstreiter noch eine Schippe drauflegen. Beethovens oberflächlich unbekümmerte späte Sinfonie ist der Academy auch an jenen Stellen bestens vertraut, an denen selbst große Orchester mit Dirigent ins Klappern geraten. Wunderbar das Allegretto, so leicht und doch so verrückt. Alles schwingt und singt bis zum fulminanten Rums am Schluss.

Für die allgemeine Begeisterung gab's sogar eine Zugabe.

(RP)
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