Düsseldorf "Zu dem Buch wurde ich freundlich gezwungen"

Düsseldorf · Musiker Thees Uhlmann liest im NRW-Forum aus seinem ersten Roman. Er klingt wie ein übergroßer Song.

Thees Uhlmann ist jetzt auch Schriftsteller. Eigentlich ist er ja Gitarrist und Sänger der Band Tomte, die gerade ruht. Und Labelchef. Und Solokünstler. Soeben ist mit "Sophia, der Tod und ich" sein erster Roman erschienen, eine Mischung aus Roadmovie und Schelmenstück, Tschick trifft Herrn Lehmann - klug, weich, albern, kitschig. Ein Buch wie ein guter, sehr langer Song.

Zwölf Jahre schlummerte der Vertrag mit Kiepenheuer und Witsch in seiner Schublade. Zwölf Jahre, in denen ihm partout nichts einfiel. "Vielleicht, weil ich noch nicht bereit dazu war und erst mal dieses Musikding voranbringen wollte, was anfangs schlecht fürs Konto war", erzählt der 41-Jährige. "Aber ich hatte keine Geschichte in mir." Es reichte bestenfalls für kürzere Texte: Uhlmann schrieb Artikel für Zeitungen und Magazine wie "Spex", "Intro" und "Musikexpress", und er unterhielt eine Kolumne im "St. Pauli Fanzine". Nach einer Tour als Roadie für Tocotronic entstand das erste Buch: "Wir könnten Freunde werden. Die Tocotronic-Tourtagebücher". "Das war aber eine ganz andere Hausnummer", meint Uhlmann, "weil ich bei Tocotronic nur Chronist war. Eines Tages meinten meine Kumpels dann: Du, Thees, bevor wir eine neue Platte machen, schreibst du dein Buch. Ich wurde freundschaftlich gezwungen."

Drei Ideen spukten ihm durch den Kopf. Die mit dem Tod sei am besten angekommen. Ein schlecht gelaunter Altenpfleger mit schwachem Herz bekommt Besuch vom Tod und hat noch drei Minuten zu leben. Natürlich bleibt es nicht bei den drei Minuten. Sonst wäre "Sophia, der Tod und ich" kein 320 Seiten langer Roman geworden.

Im Frühjahr 2014 ging's los. Erst habe er seine Tochter zur Schule gebracht und sich dann in die Küche ans offene Fenster gesetzt, um zu rauchen und zu schreiben. "Ich kann nur schreiben, wenn die Sternenkonstellation stimmt. Dann schreib ich fünf, sechs, sieben, manchmal zehn Seiten am Stück." Danach sei er leergeschossen und falle in einen Tiefschlaf. Doch die Arbeit zog sich. Schlimm war es im Winter, als es auf die Zielgerade zuging. "Ich konnte mich ja mit niemandem austauschen, außer vielleicht mit meiner Lektorin", erzählt Uhlmann. "Da habe ich gemerkt, dass ich am liebsten im Kollektiv und Korrektiv arbeite."

Zugleich lernte er durchs Schreiben eine neue Freiheit kennen. Die beiden Frauen zu entwickeln, habe mit Songwriting nichts zu tun gehabt, erzählt Uhlmann, und wäre in einem Dreieinhalbminutensong undenkbar gewesen. "Ich habe noch nie so etwas Tolles gemacht, wie dieses Buch zu schreiben. Aber ich bin auch noch nie so doll verzweifelt, weil ich nicht wusste, wie ich es zu Ende bringen sollte."

Info Das Buch "Sophia, der Tod und ich" von Thees Uhlmann (Kiepenheuer & Witsch, 320 Seiten, 17,99 Euro) erscheint am 6. November als Hörbuch, gelesen vom Autor, auf Grand Hotel van Cleef. Heute liest Thees Uhlmann um 23 Uhr beim New Fall Festival im NRW-Forum.

(RP)
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