Düsseldorfer Justiz "Kurzer Prozess" für Kleinkriminelle

Düsseldorf · Schon 20 Diebe sind am Düsseldorfer Amtsgericht im beschleunigten Verfahren verurteilt worden. Sie saßen zwischen Tat und Prozess - oft nur wenige Tage - in Hauptverhandlungshaft. Justiz und Polizei haben sich dafür neu organisiert.

 Silke Boriss ist eine von zwei Richterinnen, die am Düsseldorfer Amtsgericht für die beschleunigten Strafverfahren zuständig sind. Sie verhängte jetzt eine 700-Euro-Strafe gegen einen Ladendieb.

Silke Boriss ist eine von zwei Richterinnen, die am Düsseldorfer Amtsgericht für die beschleunigten Strafverfahren zuständig sind. Sie verhängte jetzt eine 700-Euro-Strafe gegen einen Ladendieb.

Foto: Andreas bretz

Der Angeklagte, den Amtsrichterin Silke Boriss am Mittwoch wegen Diebstahls zu 700 Euro Geldstrafe verurteilte, kam aus einer Zelle in den Gerichtssaal. Erst am Samstag war der Mann erwischt worden, als er Tablet-Computer im Wert von rund 1000 Euro in einer eigens präparierten Klautasche aus dem Mediamarkt schmuggeln wollte.

So schnell geht es normalerweise nicht bei der Düsseldorfer Justiz. Zwar verweist das Amtsgericht auf eine Statistik, nach der zwischen Anklage und Urteil in der Regel nur drei Monate vergehen. Aber das seit März mögliche beschleunigte Strafverfahren ist mit maximal einer Woche zwischen Tat und Urteil deutlich schneller. Und "pädagogisch sinnvoll", sagt Amtsgerichtssprecher Michael Pohar, "weil die Strafe auf dem Fuße folgt." Und dass sich einer der vielen reisenden Täter, die zum Stehlen nach Düsseldorf kommen, absetzt, bevor sein Prozess beginnt, muss nicht mehr passieren: Wie in diesem verhandelten Fall kann die Staatsanwaltschaft von der Festnahme bis zum Prozesstermin Hauptverhandlungshaft erwirken.

Ein Jahr lang haben Justiz und Polizei gebraucht, um die organisatorischen Voraussetzungen für das beschleunigte Verfahren zu schaffen, das der Gesetzgeber für klar definierte Fälle seit 1998 vorsieht. Ein komplizierter Vorgang etwa mit widersprüchlichen Zeugenaussagen und langjährigen Strafandrohungen kommt nicht dafür in Frage. Aber bei Kleinkriminellen, denen nicht mehr als ein Jahr Haft droht, und die dann häufig nicht reagieren, wenn sie zum Gericht vorgeladen werden - da bietet sich das Instrument an. Vorausgesetzt, die Beweislage ist eindeutig und der Beschuldigte nicht unters Jugendrecht fällt.

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Foto: Bretz, Andreas (abr)

Für die Polizei bedeutet das beschleunigte Verfahren, für das sich besonders ihr Chef Norbert Wesseler seit seinem Amtsantritt im Februar 2014 eingesetzt hat, erst einmal mehr Arbeit. Sie müssen nach einer Festnahme unmittelbar sämtliche Zeugen befragen, Beweise sichern (etwa Überwachungsvideos auswerten) und den Verdächtigen, auch mithilfe eines Dolmetschers vernehmen. Mit den Ergebnissen geht es im Anschluss zur neu geschaffenen Abteilung bei der Staatsanwaltschaft, die dann Anklage erhebt. Spätestens nach sieben Tagen Hauptverhandlungshaft bekommt der Beschuldigte dann seinen Prozess. Und dabei, betont Pohar, geht es nicht anders zu als in "normalen" Verfahren. "Gründlichkeit geht immer noch vor Schnelligkeit."

In den ersten 20 Fällen ging es nur um Laden- und Trickdiebe. Weil das Konzept reibungslos funktioniert habe, will die Polizei künftig auch Einbrecher oder Schläger schneller vor Gericht bringen, sofern die Beweislage stimmt. Man sei sehr zufrieden, sagte der Leitende Kriminaldirektor Roland Wolff. Einige hundert Fälle im Jahr könnten wohl beschleunigt verhandelt werden.

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Foto: Bundespolizei

Zu viele dürfen es aber nicht werden. Sonst wird der Platz in der JVA knapp, sagt deren stellvertretende Leiterin Charlotte Narjes. Bislang aber sei das schnelle Verfahren auch im Gefängnis problemlos gelaufen.

(RP)
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